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Manchen hab’ ich so gekannt!
Nach den Wolken flog sein Streben: –

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Tief im Staube von der Hand

In den Mund doch mußt’ er leben!
Eingepfercht und eingedornt,
Aechzt’ er zwischen Thür und Angel;
Der Bedarf hat ihn gespornt,

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Und gepeitscht hat ihn der Mangel.


Also schrieb er Blatt auf Blatt,
Bleich und mit verhärmten Wangen,
Während draußen Blum’ und Blatt
Sich im Morgenwinde schwangen.

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Nachtigall und Drossel schlug,

Lerche sang und Habicht kreiste: –
Er hing über seinem Buch,
Tagelöhner mit dem Geiste!

Dennoch, ob sein Herz auch schrie,

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Blieb er tapfer, blieb ergeben:

„Dieses auch ist Poesie,
Denn es ist das Menschenleben!“

Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Freiligrath: Neuere politische und sociale Gedichte. Erstes Heft. Zweiter Abdruck.. Selbstverlag des Verfassers, Köln 1849, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuere_politische_und_sociale_Gedichte_Freiligrath_1849.pdf/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)