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Studierende oder andere nicht allzuteure Arbeitskräfte verfügte, um aus den ihm zugänglichen Sammlungen das gewünschte aussuchen, abschreiben, eventuell auch übersetzen zu lassen, welcher außerdem bereit wäre, die Bestellungen seiner eigenen Mitglieder an andere Lokalvereine zu vermitteln und nötigenfalls für dieselben zu bürgen. Schon wegen des letzterwähnten Risikos, aber auch um leichtfertige Bestellungen zu verhindern, müßte von jedem Mitgliede des Lokalvereins eine mäßige Eintrittsabgabe ein für allemal entrichtet werden. Einige Bestimmungen gegen Mißbrauch des für wissenschaftliche Forschungen anvertrauten Materiales sollten auch festgestellt werden, vor allem, um Gesamtpublikationen aus fremden Sammlungen ohne besondere Bewilligung vorzubeugen.

Vorläufig wäre es nicht nötig, von einem Lokalvereine und seiner Verwaltung, um die Gründung derselben bei weniger günstigen Verhältnissen nicht zu erschweren, mehr als diese Vermittlung des Austausches von Materialien zu fordern. Ihr eigenes Interesse für die Sache würde sie allmählich schon dazu führen, die Sammlungen eines Landes soweit wie möglich an einem Aufbewahrungsorte zusammenzubringen und dieselben inhaltlich zu ordnen, damit nicht ein jeder Besteller immer von neuem die Durchsuchung des gesamten zerstreuten und chaotischen Materiales zu bestreiten brauchte. Die Kataloge könnten zu allererst die verschiedenen Arten der an einem Orte aufbewahrten Volksüberlieferungen angeben mit Verweisen auf Nummern oder Seiten. Nach und nach müßten aber noch Verzeichnisse der verschiedenen Themata ausgearbeitet werden. Das Bedürfnis gegenseitigen Beistandes würde der beste Ansporn zum Wetteifern in systematischem Ordnen sein.

Ein Bund der Lokalvereine könnte ferner auf die wissenschaftlichen Ausgaben der volkskundlichen Materialien Einfluß haben, sowohl in der Beförderung einheitlicher Pläne als in der Überwindung sprachlicher Schwierigkeiten. Daß auf die Früchte der Sammeltätigkeit die Landsleute, die sich an der Arbeit beteiligt haben, das nächste Anrecht haben, ist natürlich und unbestreitbar, denn ohne Publikationen in der heimischen Sprache wird das Interesse für die Volkskunde nicht aufrechterhalten. Auch gibt es Überlieferungen, besonders die metrischen, welche jedenfalls in der Originalsprache veröffentlicht werden müssen. Aber es könnte sogar im letzteren Falle ein Referat in einer Weltsprache beigefügt werden, wie z. B. in den drei Bänden der setukesischen Lieder von Dr. J. Hurt, in welchen den 736+710+474 Seiten estnischer Dialekttexte eine ausführliche Inhaltsangabe von 88+168+137 Seiten in deutscher Sprache folgt. Jetzt erwägt man ernstlich in Hinsicht auf die zirka 20 000 finnischen und 10 000 estnischen Märchenvarianten, ob es nicht am zweckmäßigsten wäre, dieselben, wie auch alle übrigen Märchen der Welt, in einer den Fachmännern allgemein zugänglichen Sprache möglichst kurz referiert herauszugeben und in der Originalsprache bloß eine Auswahl der besten Aufzeichnungen in extenso zu drucken. Ohne über Geldmittel zu verfügen, könnte der Bund in dieser Richtung manches wirken, indem er durch Erteilung seiner Signatur die Aufmerksamkeit der Forscher auf Publikationen lenkte, die dem Zwecke des Bundes entsprechen, und somit den Absatz derselben erleichterte.

Schließlich müßte der Bund für die Hebung der Volkskunde auf das Niveau einer streng geschulten Disziplin und für die Einführung dieser Wissenschaft als Studienfach an den Universitäten arbeiten. In Kristiania bekleidet Moltke Moe mit Ehren eine Professur der „Volkstradition und mittelalterlichen Literatur“. An der Universität zu Helsingfors sind während der letzten Jahre nicht wenige Kandidaten- und Lizentiatenexamina in der durch eine e. o.