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Lic. Dr. Markgraf-Leipzig.

Erster Kongreß für sachliche Volkskunde
September 1909 in Graz.

Aus einem Aufruf, den Herr Hofrat Dr. Schuchardt und Herr Professor Dr. Meringer von Graz aus im Januar dieses Jahres versandt haben, teilen wir folgendes mit:

„Im September 1909 findet in Graz die 50. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner statt. Dieser wichtige Gedenktag gibt Veranlassung, den Blick auf Vergangenheit und Zukunft zu lenken.
Schon Jakob Grimm hat „Wörter“ und „Sachen“ in einem Atem genannt, aber erst die letzten Jahre haben zur klaren Erkenntnis geführt, daß die Sprachforschung der Sachforschung als notwendiger Ergänzung bedarf, daß die Etymologie der Kenntnis der „Sachen“ nicht entraten kann, daß das, was die Archäologie für die klassische Philologie bedeutet, in entsprechender Weise auch für die anderen philologischen Disziplinen geschaffen werden muß.
Die sachliche Volkskunde bietet dazu die Mittel. Deshalb wollen die Unterzeichneten als Ergänzung des Arbeitsplanes der 50. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner die Bildung einer Sektion beantragen, welche die Forschungen über die „Urbeschäftigungen“ (Ackerbau, Fischerei, Hirtenwesen), über das Haus und seine Geräte sowie über die im Hause geübten Techniken (Nähen, Spinnen, Flechten, Weben usw.) zum Gegenstande ihrer Verhandlungen machen soll.
Die Beschränkung auf diese Teile der allgemeinen Volkskunde ist darin begründet, daß die berührten Fragen zurzeit im Mittelpunkte des Interesses – auch für die Schule – stehen, sowie ferner darin, daß es unmöglich ist, der ganzen ungeheuren Reichhaltigkeit der Volkskunde in dem gegebenen Rahmen gerecht zu werden. Die Bildung einer eigenen Sektion für die sachliche Volkskunde empfiehlt sich auch deswegen, weil ihre Gegenstände nicht wie die geistigen Erzeugnisse der Volksseele (Sagen, Märchen, Bräuche usw.) in den anderen Sektionen zur Besprechung gelangen können.“

Wie wir hören, ist inzwischen eine genügende Anzahl Zustimmungserklärungen bei den Herren Verfassern dieses Aufrufes eingelaufen, so daß die Bildung einer besonderen Sektion gesichert erscheint. Wir begrüßen den außerordentlich dankenswerten Plan als einen neuen Schritt vorwärts und bitten die Mitglieder des Verbandes, die Sache der Grazer durch zahlreiche Beteiligung zu unterstützen.