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solche empfängt, verflüchtigen sich allzu leicht; die Zahl der Hörer ist verhältnismäßig klein; und gerade die, die man gewinnen möchte, sind ausgeblieben.

Was wir brauchen, sind literarische Hilfsmittel, die ausschließlich für das Bedürfnis der Schule zugeschnitten sind.

Ich selbst beschäftige mich seit Jahren mit den Vorarbeiten zu einem umfangreichen illustrierten Werke „Bilder aus der deutschen Volkskunde“, das ich nach Vollendung des Manuskriptes von Band 3 und 4 meiner Natursagen, vermutlich im Laufe des nächsten Jahres, energisch in Angriff nehmen werde. Es soll nach Art der Grubeschen Charakterbilder abgerundete, dem jugendlichen Geschmack und Verständnis angepaßte Darstellungen aus dem Gesamtgebiete der Volkskunde darbieten. Eine Monographie über das Märchen in Teubners Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt“ soll als selbständige Ergänzung erscheinen. Solche Bücher müßten, denk ich, recht nach dem Herzen der Schüler sein. Wie wenig dazu gehört, deren Interesse für Volkskunde zu wecken, das hat mich ein kleines Erlebnis gelehrt. Es war in Obersekunda, wo ich für Schülervorträge nur geringe selbständige Arbeit verlange. Ich bot unter verschiedenen Auswahlthemata auch ein sehr einfaches an: ein Referat über Höflers in der „Zschr. f. Vk.“ erschienenen Aufsätze über Festgebäcke. Allgemeines Schütteln des Kopfes, verdutzt lächelnde Gesichter, leises Schaudern! Man wußte offenbar nicht, was man damit anfangen sollte. Endlich erbot sich ein armer Schlucker, der wohl nichts weiter fühlte, als daß seine schwache Kraft für ein solches Referat ausreichte. Und siehe da! Der Versuch glückte. Selten sind meine großstädtischen jungen Herren so aufmerksam gewesen, wie damals, als sie zum erstenmal von Speiseopfern und Gebildbroten hörten. Ähnlich ist es mir oft gegangen, wenn ich mich auf Lieblingsgebiete meiner Spezialstudien verirrte oder – wie der Schüler sagt – ins Kohlen kam. Man darf für gewiß annehmen, daß auf jeder Altersstufe des Gymnasiums eine sehr lebhafte Auffassung für alles, was Volkstum heißt, vorhanden ist. Es fehlt nur an geeigneten Büchern, die die Jugend in dieses Gebiet einführen könnten.

Aber auch der Lehrer bedarf der Hilfsmittel, um jederzeit das nötige Material zur Hand zu haben.

Wenn ich an die Lektüre der höheren Schulen denke, – wie oft und wie ungezwungen lassen sich da Ausblicke auf volkskundliche Themata geben! Und wie wenige wissen in diesen Dingen Bescheid! Es ist ja das Unglück der Volkskunde, daß ihre Literatur über alle Beschreibung mühselig zusammenzuholen ist! Wer hätte Zeit und Lust dazu! Wenn schon in einer großen Bibliothek wie in Leipzig eine so reichhaltige Zeitschrift wie die „Revue des traditions populaires“ fehlt, vieler Einzelwerke nicht zu gedenken, – was soll man gar von den Kollegen in kleinen Städten erwarten, wo weniger als nichts zu haben ist? Und wieviel Material aus älterer Zeit ruht versteckt in Zeitschriften, wie dem „Globus!“ Wer will die Bände alle durchsehen, wer sich Zettelkästen anlegen, die sich nur langsam und spärlich füllen werden?

Ich halte es daher für eine der dringendsten Aufgaben der kommenden Jahre, daß uns außer einem methodischen Handbuch über „Volkskunde und Gymnasialunterricht“ volkskundliche Kommentare nicht nur zu deutschen Lesebüchern, sondern auch zu den wichtigsten Schriftstellern geliefert werden. Vorarbeiten, z. B. über Volkskunde bei Horaz (italienisch), liegen zwar vor, aber doch spärlich. Über Virgil im Mittelalter erfährt der Schüler kaum je etwas. Wozu gibt es Teubners Jahrbücher, in denen