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Zur Förderung der Volkskunde.

Zweierlei fruchtbare Gedanken sind es, die in der vorliegenden Nummer unseres Korrespondenzblattes zum Ausdruck gebracht sind, der eine vom Norden her, der andere vom Süden, beide in gleicher Weise geeignet, dem jugendlichen Tatendrang der Volkskunde mächtig Vorschub zu leisten: der Länder-Zusammenschluß wissenschaftlicher Arbeit und die Förderung der sachlichen Volkskunde.

Wenn es mir erlaubt ist, ein paar Worte aus dem Stegreif dazu zu sagen, so kann ich den Plan des internationalen Bundes aus eigener Erfahrung nicht anders bezeichnen als eine erlösende Tat. Nichts ist für den Volksforscher so schwierig, wie die Beschaffung ausländischer Materialien. Hätte ich nicht das wirklich seltene Glück gehabt, für meine Natursagen freundliche Helfer zu finden, das Werk wäre kläglich gescheitert. Zwar ist mir die Enttäuschung, im Stich gelassen zu werden, nicht erspart geblieben, und die oben berührte Frage, inwieweit es zulässig ist, andern mit seinen Wünschen zur Last zu fallen, hat mich oft in ihrer ganzen peinlichen Schwere bedrückt; aber andererseits entschädigte die Hilfsbereitschaft williger Freunde in reichlichem Maße. Wieviel mehr jedoch kann ein Bund zu gegenseitiger Unterstützung leisten! Wie manchem mitstrebenden Forscher mag er den Weg zu vergleichenden Studien ebenen, wie manchen noch abseits stehenden gewinnen! Und welchen Aufschwung unserer Wissenschaft darf man erwarten, – nicht nur von der erhöhten Teilnahme der Fachgenossen, sondern vor allem auch von der Erschließung unentbehrlicher Quellen! Das läßt sich vorläufig nur ahnen.

Näher liegen die Ziele, die sich aus der Förderung der sachlichen Volkskunde ergeben. Ich knüpfe an den Grazer Kongreß sehr weitgehende Hoffnungen und wünsche von Herzen, daß diesem vielverheißenden Anfang eine ununterbrochene Reihe erfolgreicher Tagungen folgen möge.

Aber höher noch, als der wissenschaftliche Wert dieses ersten Kongresses, steht mir seine pädagogische Bedeutung, insofern er seine Tätigkeit dem Arbeitsplan der 50. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner angliedert und über Fragen verhandelt, die „im Mittelpunkt des Interesses – auch für die Schule – stehen“. Mit dieser Rücksicht auf die Schule wird eine Forderung erfüllt, die seit Jahren – je öfter, je überzeugender – erhoben worden ist: die Volkskunde für den Unterricht nutzbar zu machen. Als ich im Jahre 1899 in der „Zeitschrift für den deutschen Unterricht“ ein paar Anregungen in dieser Richtung gab und dann in der Bearbeitung des Hieckeschen Lesebuchs für höhere Schulen im Verein mit Rudolf Hildebrandts gleichgesinntem Freunde Georg Berlit für volkskundlichen Lesestoff sorgte, da hieß es wohl hier und da: die Zeit ist noch nicht gekommen, die Wissenschaft zu jung. Seitdem ist eine Periode angestrengter Arbeit verstrichen, die Volkskunde hat sich in raschem Aufschwung entwickelt, und eine Anzahl prächtiger, auch den Fernerstehenden fesselnder Werke ist erschienen. Kein Wunder, daß die Losung: mehr Volkskunde in der Schule! jetzt lauter ertönt denn je, und daß z. B. der Verein für Sächsische Volkskunde für den nächsten Winter eine Reihe von Vorträgen über Volkskundliches in der Schule plant. Ein höchst dankenswertes Unternehmen! Denn wer die Jugend hat, dem gehört die Zukunft. Und ich bin fest überzeugt, daß das Heil der Volkskunde vorzugsweise auf der Schule beruht. Aber andererseits meine ich, daß es mit Kongressen und Vorträgen nicht getan ist. Anregungen, die man durch