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seyn, konnte mir nicht erwünschter kommen, und ich wohnte derselben in der Domkirche bey. Da erschienen 4 Äbte im kirchlichen Trauerschmucke mit dem ganzen Stiftsklerus neben einem prächtigen Trauergerüste, das beynahe mit 900 Wachslichtern beleuchtet war. Aber auf nichts war meine Seele mehr gespannt, als auf den Redner, der jetzt eben die Rednerbühne bestieg. Ich war neugierig auf die Art, wie er seine Zuhörer, unter denen viele Kriegsmänner waren, (die vielleicht nicht so für Leopold dachten, als für Joseph) vorbereiten würde, und fand, daß er kein alltäglicher Prediger, sondern wirklich ein Mann sey, der den Namen eines Redners, wie ihn Quintilian definirt, verdient. Sein Vorspruch war der schicklichste, den er hätte wählen können: fecit, quod erat bonum coram Domino iuxta omnia, quae fecerat pater eius. 4 R. 18. 3. Er that, was gut war vor dem Herrn, nach allem, was sein Vater gethan hatte. Seine Ausführung, seine feinen Wendungen, kurz seine ganze Rede war nach dem neuesten Geschmacke, und unparteyische Zuhörer können ihm unmöglich das verdiente Lob absprechen. Wie ich erfuhr, so war dieser Redner Herr Domvicar und Doctor Behringer, dem es, ungeachtet der Bewerbung mehrerer, von edlen Männern aufgetragen worden seyn soll, diese Lobrede zu halten; ein Zeichen, daß man von höhern Orten Vertrauen auf ihn setzt, und daß er sich schon mehrmahl als einen geschickten Redner

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Diverse: Miscellaneen in: Journal von und für Franken, Band 4. Raw, Nürnberg 1792, Seite 771. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Miscellaneen_(Journal_von_und_f%C3%BCr_Franken,_Band_4,_6).pdf/4&oldid=- (Version vom 14.8.2016)