Seite:Meyers b19 s0419.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

Irrational- oder Reihenzahlen. Gewisse Aufgaben der Mathematik, wie die Verwandlung eines gewöhnlichen in einen Dezimalbruch, oder die Bestimmung einer Zahl, welche, mit sich selbst multipliziert, 2 gibt , oder die der Zahl, welche angibt, wie oft das Quadrat des Radius in der Fläche des Kreises enthalten ist, führen auf Reihen, deren unbegrenzte Fortsetzung ins Unendliche nach einem bestimmten Bildungsgesetz erfolgt, sind also subjektiv unausführbar, aber der Grenzübergang gewährt ihre Ausführung durch einen G. Diese Grenze wird im ersten Beispiel gleich dem in der Zahlenreihe bereits vorhandenen gewöhnlichen Bruch gesetzt, im letzten ergibt sich die Reihe 3, 3,1, 3,14 …, deren Grenze in der Reihe der ganzen und der Bruchzahlen (rationalen) nicht vorhanden ist und als eine neue Zahl in die Zahlenreihe eingestellt wird. Diese durch die Reihen, deren Grenzen sie sind, erklärten Zahlen heißen Reihenzahlen. Eine unendliche Reihe von Zahlen: , hat eine Grenze oder liefert eine Reihenzahl, wenn zu jedem noch so klein vorgegebenen sich eine ganze Zahl bestimmen läßt, so daß kleiner als ist, für jedes beliebige, noch so große . Jedes kann dann die Grenze ersetzen, da es von ihr um weniger als abweicht, und somit übertragen sich die gewöhnlichen Regeln der Rechnung auf die Reihenzahlen.

Durch die Einstellung aller Reihenzahlen erhält die Menge der Zahlen die zweite Mächtigkeit, und zwar so, daß auch zwischen je zwei Zahlen, z. B. 0 und 1, eine Menge zweiter Mächtigkeit liegt.

Was die Geometrie betrifft, so sind ihre Grundbegriffe sämtlich Grenzbegriffe (vgl. Geometrie). Schon der „leere Raum“ ist ein solcher, der dadurch zu stande kommt, daß man von allem Wahrnehmbaren mehr und mehr absieht. Der Punkt, wie ihn Euklid erklärt, stammt aus der grenzenlosen Teilbarkeit des Raumes, welche ihren Abschluß findet in einem Raumbegriff, der von seinen Teilen nicht mehr verschieden ist, der keine Teile hat: dem Punkte. Die Strecke als „kürzeste“ Verbindung ihrer Endpunkte, der Winkel als Grenze des Kreissektors bei fort und fort wachsendem Radius sind Grenzbegriffe. Der Begriff der Richtung ist ein G., der der Mathematik und Bewegungslehre gemeinsam ist; wenn man aus der Anschauung zweier Orte alles Sonstige entfernt, so bleibt als Abschluß nur der Übergang in der Anschauung von einem zum andern übrig. Auch Begriffe, die zu den vertrautesten gehören, sind Grenzbegriffe. Nur mittels eines Grenzüberganges kann man streng beweisen, daß jede Strecke AB eine Mitte hat. Nimmt man zwischen A und B irgend einen Punkt X und trägt AX von B aus auf AB ab bis Y, so kann entweder X mit Y zusammenfallen und ist dann die Mitte, oder man erhält die Strecke XY, welche kleiner ist als AB, und deren Mitte zugleich die Mitte von AB wäre. So fortfahrend muß man schließlich zu einem Xn gelangen, welches von seinem Yn nicht mehr unterschieden werden kann. Vgl. du Bois-Reymond, Die allgemeine Funktionentheorie (Tübing. 1882); Simon, Elemente der Arithmetik etc. (Straßb. 1884); Meyer, Elemente der Arithmetik und Algebra (Halle 1885); Kerry, System einer Theorie der Grenzbegriffe (Wien 1890, Teil 1).

Grenzkreis, s. Geometrie, S. 373.

Gressoney, s. Deutsche Gemeinden in Piemont.

Grévy, 1) Jules, ehemaliger Präsident der französischen Republik, starb 9. Sept. 1891 in Mont sous Vaudrey, 84 Jahre alt.

Griechenland. Die letzte Volkszählung vom 28. April 1889 ergab eine Bevölkerung von 2,187,208 Einw., darunter 1,133,625 männlichen und 1,053,583 weiblichen Geschlechtes. Doch hält ein Kenner des Landes, A. Philippson, diese Zahlen für zu gering und glaubt, daß sich mehr Weiber als Männer der Zählung entzogen haben. Über die Bevölkerung der einzelnen Nomarchien vgl. Bd. 17, S. 394. Am bedeutendsten war die Zunahme in Attika-Böotien (39 Proz.) und in den Korinthen bauenden Bezirken von Ätolien (17 Proz.) und der Peloponnes. Eine Abnahme fand statt in Arkadien, den Kykladen, Kephalonia und namentlich Zakynthos (1 Proz.).

G. produzierte im J. 1888: 123,435 Ton. Eisenerze, 32,505 T. Galmei, 28,985 T. Santorinerde, 17,500 T. Salz, 14,543 T. silberhaltiges Blei, 10,900 T. Zinkblende, 5500 T. Braunkohle, 2927 T. silberhaltigen Baryt, 2620 T. silberhaltigen Bleiglanz, 2222 T. Schmirgel, 1670 T. Schwefel, 1475 T. Manganit, 300 T. Magnesit, 212 T. Chromit und 14,393 Stück Mühlsteine. Der Generalhandel des Jahres 1889 belief sich auf 278 Mill. Drachmen (oder Frank in Gold) gegen 227 Mill. Drachmen im J. 1888. Davon kamen 162,1 Mill. auf die Einfuhr und 115,9 auf die Ausfuhr. Die Einfuhr war am bedeutendsten aus Großbritannien, nächstdem aus Rußland, der Türkei, Österreich-Ungarn, Frankreich, Italien. Deutschland kommt erst an siebenter Stelle; es führte für 4,4 Mill. Mk. ein (Gewebe, Chinin, Porzellan, Motoren, Brannntwein, Tuch etc.) und für 2 Mill. Mk. aus (Korinthen, Olivenöl, Wein). Doch geht ein sehr großer Teil des deutschen Handels über Triest sowie auch über Italien und Belgien und wird deshalb diesen Ländern angerechnet. Auch in der Ausfuhr steht Großbritannien obenan, dann folgen Frankreich, die Türkei, Österreich-Ungarn, Belgien, Italien, Niederlande, Amerika, Deutschland etc. In der Einfuhr spielt bekanntlich Getreide die erste Rolle (1889: 42,3 Mill. Drachmen), dann folgen Baumwolle und baumwollene Gewebe, Holz, Eisenwaren, Wollengewebe, Steinkohle etc., während die Hauptausfuhr aus Korinthen (1889: 55,5 Mill. Drachmen) besteht, ferner aus silberhaltigem Blei, Olivenöl, Goldmünzen, Galmei, Most etc.

Mittelgriechenland wurde im Frühjahr 1890 von A. Philippson bereist, wobei derselbe durch Auffinden von Nummuliten den Nachweis erbrachte, daß der ganze Westen von Mittelgriechenland, etwa östlich bis zu der Linie Hypati-Kisseli, nicht, wie der Wiener Geolog Neumayr wollte, der ältern Kreideformation, sondern erst dem Eocän angehört. Die massigen grauen Kalke und die Schiefer und Serpentine der östlichen Hälfte, Attika, Böotien, Phokis, Doris und Lokris umfassend, sind dagegen ohne Zweifel der Kreideformation zuzurechnen. Diese Zweiteilung von Mittelgriechenland ist auch im Gebirgsbau, der Vegetation und der Bevölkerung zu erkennen. Der Westen, das Gebiet des Eocän, hat verhältnismäßig einfachen Gebirgsbau von sanftern Formen und mit vorherrschendem Nordnordwest-Streichen, entsprechend demjenigen der Pindosketten. Die Kalkmassen des Ostens dagegen bilden kahle, rauhe, wasserarme Gebirge mit Westost-Streichen. Der feuchtere Westen trägt bis in eine Höhe von 1000 m ausgedehnte Eichenwälder, während der Osten in seinen niedern Gebieten völlig waldlos ist, abgesehen von dem Gebiete der Aleppokiefer an der Küste, in Attika und Megaris. Die höhern Gebirge in ganz Mittelgriechenland tragen von 600 m an aufwärts vielfach Wälder von Tannen und Schwarzkiefern und bergen

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 405. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0419.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2023)