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Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben
2. Theil

des Hollah-Hoolah-Grundes Wache standen, schien dies nur ein Pygmäe in Lumpen zu sein; aber der Schein trügt ja so häufig in der Welt; kleine Männer sind oft sehr mächtig, und Lumpen bedecken häufig sehr große Anmaßungen. Dieses drollige, kleine Götzenbild war wirklich der Hauptgott der Insel und die Thalbewohner schätzten es höher, als alle die großen Holzblöcke, die so ernst und fürchterlich aussahen; sein Name war „Moa Artua[1]“, und es war zu Ehren des Moa Artua und zur Unterhaltung Derer, welche an ihn glaubten, daß die sonderbare Ceremonie, welche ich beschreiben will, stattfand.

Mehevi und die Häuptlinge vom Ti sind eben von ihrem Mittagsschlummer aufgestanden. Es liegen keine Staatsgeschäfte vor, welche abgemacht werden müßten, und da die Magnaten zwei bis drei Frühstücke im Laufe des Vormittags genossen haben, so fühlen sie noch keinen Appetit zum Mittagsessen. Wie sollen sie ihre müssigen Augenblicke hinbringen? Sie rauchen, sie schwatzen und endlich macht einer unter ihnen den übrigen einen Vorschlag, und da sie ihn freudig annehmen, eilt er aus dem Hause, springt vom Pi-Pi und verschwindet im Haine. Bald sieht man ihn wiederkommen mit Kolory, welcher in seinen Armen den


  1. Das Wort „Artua“ hat zwar eine andere Bedeutung, wird aber in fast allen polynesischen Sprachen als Bezeichnung für die Götter gebraucht.
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Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/97&oldid=- (Version vom 1.8.2018)