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Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben
2. Theil

zu besuchen. Der Ort hatte für mich einen eigenthümlichen, unerklärlichen Reiz. Wenn ich so über das Geländer lehnte, und das sonderbare Bild betrachtete, und dem Spiel des Kopfputzes im Winde zuschaute, so mochte ich mich gern dem Aberglauben der Insulaner überlassen und konnte mich fast selbst überreden, daß der rauhe Krieger wirklich dem Himmel zusteure. In dieser Gemüthsstimmung rief ich ihm beim Weggehen zu: „Schnelle und glückliche Reise, braver Häuptling; rudere rüstig dem Lande der Geister zu. Dem irdischen Auge scheinst du nicht eilig vorwärts zu kommen, aber mit dem geistigen Auge des Glaubens sehe ich dein Canoe die hellen Gewässer durchschneiden, welche die dunkel in der Ferne erkenntlichen Gestade des Paradieses bespülen.“

Dieser sonderbare Aberglaube liefert einen neuen Beweis, daß, wie unwissend der Mensch auch sei, er doch fühlt, sein unsterblicher Geist sehne sich nach einer unbekannten Zukunft.

Obgleich die religiösen Lehrsätze der Insel mir ein völliges Geheimniß waren, so konnten mir doch die täglichen Religionsgebräuche nicht verborgen bleiben. Ich ging häufig an den kleinen Tempeln in den Hainen des Taboo vorbei und sah die Opfer: reife Früchte auf den Altären, oder um die komischen Götzenbilder, in halb verfaulten Körben aufgehängt. Ich war während der Dauer des Festes zugegen.

Empfohlene Zitierweise:
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/94&oldid=- (Version vom 1.8.2018)