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Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben
2. Theil

des Stammes ein Übergewicht zu geben. Der hohe Helm von Federn, den er trug, ließ ihn alle Andern an Höhe überragen und obgleich einige Andere auf ähnliche Weise geschmückt waren, so standen doch die Federn, welche sie trugen, den seinigen an Länge und Schönheit sehr nach. Mehevi war in der That der Höchste von den Häuptlingen, das Haupt seines Stammes, der Fürst des Thales, und die Einfachheit der gesellschaftlichen Einrichtungen des Volkes erhellt wol am deutlichsten daraus, daß ich nach wochenlanger, täglicher Berührung mit Mehevi bis zur Zeit des Festes noch unbekannt mit seiner königlichen Würde war. Nun aber war mir ein Licht aufgegangen. Der Ti war der Palast und Mehevi der König, Schloß und Herr von der einfachsten, patriarchalischsten Erscheinung und durchaus frei von dem pomphaften Ceremoniel, welches gewöhnlich den Purpur umgiebt.

Als ich diese Entdeckung gemacht hatte, konnte ich nicht umhin mir Glück zu wünschen, daß Mehevi mich vom ersten Augenblick an, so zu sagen, unter seinen königlichen Schutz genommen hatte, und immer noch, so weit ich nach dem Scheine urtheilen konnte, fortfuhr, mir die wärmsten Gefühle von Achtung und Liebe zu bewahren. Ich entschloß mich, ihm künftig die ausgesuchteste Aufmerksamkeit zu beweisen, denn ich hoffte, durch seine Güte gelegentlich meine Freiheit wieder zu erhalten.


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Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/121&oldid=- (Version vom 1.8.2018)