Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
|
Häuptlingen von Typie konnte ich nicht immer unterscheiden. Vor dem Kalebassenfeste war ich verlegen gewesen, welchen Rang ich eigentlich dem Mehevi zuschreiben sollte, aber die bedeutende Rolle, welche er bei dieser Gelegenheit spielte, überzeugte mich, daß unter den Bewohnern des Thales Niemand einen höhern Rang habe, als er. Ich hatte immer eine gewisse Ergebenheit gegen ihn von Seiten aller derer gesehen, welche mit ihm in Berührung kamen. Wenn ich aber bedachte, daß meine Wanderungen auf einen verhältnißmäßig kleinen Theil des Thales beschränkt waren, und daß nach der Seeseite hin, einige ausgezeichnete Häuptlinge wohnten, von denen einige mich zu verschiedenen Zeiten in Marheyo’s Hause besucht hatten und welche ich bis zum Feste nie in Mehevi’s Gesellschaft gesehen hatte, so war ich geneigt anzunehmen, daß sein Rang doch wol nicht sehr hoch war.
Die Festlichkeiten brachten indeß alle die Krieger, welche ich zu verschiedenen Zeiten einzeln und in Gruppen gesehen hatte, zusammen. Unter ihnen bewegte sich Mehevi mit einem leichten Ansehen des Übergewichts, welches nicht mißdeutet werden konnte, und er, den ich bisher nur als den gastfreien Wirth des Ti und einen der Kriegsführer des Stammes betrachtet hatte, stieg jetzt in meinen Augen zu der Würde eines Königs. Sein überraschendes Costüm, wie seine natürliche befehlende Gestalt schienen ihm über die andern
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/120&oldid=- (Version vom 1.8.2018)