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zu einer solchen Annahme zwingen könnten. Derartige Gründe sind aber nicht vorhanden.

Occam giebt nur einen Auszug aus dem Gesetze, wobei er alles dasjenige fortlässt, was nicht seinem unmittelbaren Zwecke dient. Der Auszug beginnt erst mit den Worten: ‚Postquam aliquis eligitur‘. Den Satz aber, welchen diese Worte einleiten, giebt er nur verkürzt wieder; einen folgenden Satz, den wichtigsten des ganzen Gesetzes, welcher die eigentliche Satzung enthält, lässt er ganz aus und fügt erst wieder den letzten Satz des Contextes hinzu, welcher die Strafbestimmungen gegen die Verächter und Verletzer des Gesetzes enthält.

Es sind nun allein die Auslassungen in dem ersten Satze, welche den Anschein erwecken könnten, als ob hier ein Text vorliege, der sich prinzipiell von dem des Nicolaus dadurch unterscheide, dass er der Königswahl nicht wie jener die Wirkung beilegt, dass der von der Majorität der Kurfürsten Gewählte auch sogleich Kaiser werde.

Während der Text bei Nicolaus lautet: ‚postquam aliquis eligitur in imperatorem sive in regem ab electoribus imperii concorditer vel a maiori parte eorundem, statim ex sola electione est verus rex et imperator Romanorum censendus et nominandus‘, heisst die entsprechende Stelle bei Occam: ‚postquam aliquis eligitur in regem Romanorum ab electoribus imperii concorditer vel a maiori parte eorundem, statim ex sola eleccione est rex Romanorum verus‘. Die Auslassung der auf das Kaiserthum bezüglichen Worte: ‚in imperatorem sive‘ und ‚et imperator — nominandus‘, war es, was K. Müller veranlasste, diesen Text auf eine Form des Gesetzes zurückzuführen, welche auf Veranlassung der Kurfürsten im Sinne des Renser Weisthums verändert sei. Denn auch das Renser Weisthum legt der Wahl durch die Kurfürsten nicht die Bedeutung bei, dass sie den Gewählten auch zum Kaiser mache. Einer solchen Annahme aber widerstreitet besonders der Umstand, dass Occam auch diejenigen Worte auslässt, welche von dem Recht des Gewählten auf die Verwaltung der Güter und Rechte des Imperium handeln. Erkennen doch gerade die Renser Beschlüsse nachdrücklichst an, dass dem zum König Gewählten dieses Recht ohne weiteres zustehe. Es dürfte aber auf der Hand liegen, dass es unzulässig ist, von zweierlei Auslassungen ein und demselben Satze einige bereits der Vorlage Occams zuzuschreiben, weil sie dem Renser Weisthum entsprechen würden, eine andere aber deshalb Occam selbst