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alle besser denn ihr. So wenig als ein Löwe sich scheeren ließe, so wenig hätten sie sich ihre Barte abschneiden lassen. Eine weiche, glatte Haut ziemt den Weibern, meinten sie. Sie waren Männer, und wollten auch wie Männer aussehen. Den Bart hielten sie für des Mannes Zierde, wie die Natur dem Pferd und dem Löwen die Mähne zum Stolz und Schmuck gegeben. Diese Alten sind mir die Vorbilder, denen ich nacheifern will. Die Jetztlebenden beneide ich nicht um ihre gepriesene Glückseligkeit, um ihre Tafeln und ihre schönen Kleider. Mögen sie immer ihre Haut glätten und alle Härchen austilgen am ganzen Leibe, und auch die geheimsten Partien nicht lassen, wie sie gewachsen sind!

15. Ich wünsche mir Nichts, als daß meine Füße so hart werden möchten als der Pferdehuf eines Centauren; daß ich eben so wenig je eine Decke nöthig haben möge, als ein Löwe; und daß ich nie eine kostbarere Nahrung bedürfen möge, als ein Hund. Möge ich nie ein besseres Lager, als die bloße Erde, nie ein anderes Obdach als den freien Himmel, nie eine andere Kost wünschen, als die sich mir am nächsten darbietet! Gold und Silber möge nie weder mir, noch irgend einem meiner Freunde zum Bedürfniß werden! Denn alles Elend, was die Menschen drückt, Zwietracht, Krieg, Meuterei und Todtschlag ist aus dieser Begierde erwachsen. Die Quelle alles dieses Unheils ist das Verlangen nach immer Mehrerem. Ferne sey also von mir dieses Verlangen; stark dagegen die Kraft und der Wille, mich mit immer Wenigerem zu begnügen!

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1809. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1809.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)