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5. Denn hier ist nicht nur Schatten, nicht nur ein schöner Ahornbaum, und wenn es auch ein schönerer als jener am Ilissus, wenn es der goldene Ahorn des Perserkönigs selbst[1] wäre. Denn an diesem war Nichts bewundernswerth, als seine Kostbarkeit. Ohne daß durch kunst- und geschmackvolle Bearbeitung dem Gold Reiz und Ebenmaß einverleibt wäre, war das ganze bloß ein Schaustück für Barbaren, das weiter kein Verdienst hatte, als das Glück seines reichen Besitzers zu zeigen, und den Neid des Beschauers rege zu machen. Was kümmerte sich auch ein Arsacide darum, das Auge Anderer durch geschmackvollen Prunk zu vergnügen und den Beifall des Publikums einzuernten? Nur anstaunen sollte es. Denn Barbaren haben nur Sinn für den Reichthum, nicht für das Schöne.

6. Die Pracht dieses Saales ist also nicht für Barbarenaugen; sie ist kein Prunkstück Persischer Großthuerei oder der Prahlsucht eines Despoten; sie verlangt nicht bloß einen armen, sondern einen Beschauer von empfänglichem Geiste, der nicht allein mit den Augen urtheilt, sondern auch die Gründe seiner Bewunderung anzugeben weiß. Daß z. B. dieser Saal dem schönsten und willkommensten Theile des Tages, dem Morgen, zugewendet ist, daß er die Strahlen der aufgehenden Sonne aufnimmt, und, so wie seine Flügelthüren aufgethan werden, mit Licht zur Genüge erfüllt wird,


  1. S. Herodot VII. Im Folgenden begeht Lucian einen Verstoß gegen die Zeitrechnung: denn Darius Hysiaspis, von welchem das Gesagte gilt, gehörte zur Dynastie der Achämeniden, nicht der, um drei Jahrhunderte spätern, Arsaciden.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1486. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1486.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)