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der Fliege,[1] die auch noch so oft versucht, doch nicht ablasse, einem mit immer neuen Stichen zuzusetzen. Ja er ist ein so großer Verehrer der Fliege, daß er ihrer nicht etwa nur Einmal vorübergehend Erwähnung thut, sondern sie öfters als einen besondern Schmuck seiner Gesänge anbringt. Bald schildert er uns, wie ihre wimmelnden Schaaren um die Milchgefäße herum fliegen: bald vergleicht er die Minerva, wenn sie das tödtliche Geschoß von Menelaus abwendet, mit einer Mutter, die von ihrem schlafenden Kinde die Fliegen verscheucht. Und ist es nicht ehrenvoll für diese, wenn er dort ihre Schwärme dichte Schaaren[2] nennt?

6. Die Fliege ist so stark, daß sie mit ihrem Stich nicht nur die Haut eines Menschen, sondern auch eines Pferdes und Stieres verwundet: sogar einem Elephanten kann sie sehr beschwerlich werden, wenn sie sich in die Falten seiner Haut hineinschleicht, und ihn mit ihrem Rüssel so empfindlich ritzt, als ein Thierchen von dieser Größe nur immer im Stande ist. Im Genusse der Liebesfreuden besteht unter den Fliegen die ungebundenste Freiheit. Auch ist dieser Genuß bei ihnen nicht so vorübergehend, wie bei den übrigen Vögelgattungen; sondern das Männchen läßt sich vom Weibchen eine gute Weile durch die Luft tragen, und so geht die Begattung in währendem Flug vor, wodurch ihr Vergnügen keineswegs


  1. Im Original folgen die Worte: „denn nicht Thrasos [Brutalität], sondern Tharsos [Muth] legt er ihr bei.“ Die Homerische Stelle ist Il. XVII, 570. Die folgenden Il. II, 469 f. XVI, 641 f. IV, 130 f.
  2. Ethne eigentl. Völker. Il. II, 469.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart 1827–1832, Seite 1412. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1412.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)