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30. Und solche Leute sind es denn, welche auf alle Menschen hoch herabsehen, das ungereimteste Zeug über die Götter schwatzen, einen Haufen leicht zu betrügender junger Bursche um sich versammeln, und ihnen Wunder Was von der vielbesungenen Tugend vordeclamiren, und zu trügerischen Fangschlüssen sie abrichten. Sie, die nicht aufhören, ihren Schülern Enthaltsamkeit und Mäßigung anzupreisen, und die Verachtung des Reichthums und sinnlicher Freuden zu predigen, was erlauben sie sich nicht Alles, wenn sie ohne Zeugen sind? Wie sie sich da mästen, in welchen Wollüsten sie sich wälzen, wie gierig sie die Finger nach ein Paar Obolen recken! Aber das Aergste ist, daß diese Menschen, welche weder im öffentlichen noch im Privatleben zu irgend Etwas tüchtig, sondern die überflüssigsten Geschöpfe von der Welt sind, und wie Homer sagt,

Nie auch weder im Kampfe zu rechnen, noch in dem Rathe –[1]

daß Diese, sagte ich, gleichwohl die Ankläger aller Uebrigen machen, und mit einer ganzen Sammlung bitterer Vorwürfe, und mit den ausstudirtesten Strafpredigten über ihre Nebenmenschen herfallen. Wer am frechsten schreien, am schamlosesten lästern kann, gilt für den größten Meister unter ihnen.

31. Fragst du aber irgend Einen von diesen Schreiern: ‚Und Was thust denn du? Wie heißt denn in aller Welt der Nutzen, den du der Menschheit stiftest?‘ so wird er dir, wenn er ehrlich und redlich seyn will, sagen müssen: ‚Das Feld zu bauen, Schifffahrt zu treiben, Kriegsdienste zu nehmen, irgend ein Gewerbe zu verstehen und zu betreiben,


  1. Il. II, 202.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 1245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1245.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)