Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

An denjenigen Stellen übrigens, wo kein dramatisches Bedürfniß den Euripides hindert, seine eigene Ueberzeugung auszusprechen, thut er Dieß mit vieler Freimüthigkeit. Höre zum Beispiel:

Siehst du den hohen, gränzenlosen Himmelsraum?
Die Erde hält er rings mit weichem Arm umfaßt –
Den nenne Zeus, Den halte für den höchsten Gott.

Und an einem andern Orte:

Zeus – Wer ist Zeus? dem Namen nach nur kenn’ ich ihn –[1]

und dergleichen mehr.

42. Timokles. Also wären alle Menschen aller Nationen im Irrthum: denn allenthalben glaubt man an Götter und feiert ihnen Feste.

Damis. O schön, Timokles, daß du mich an den Glauben der Völker erinnerst; denn gerade an diesem läßt sich am sichersten wahrnehmen, wie wenig festen Grund alle die Göttersagen haben. Welche Verwirrung, welcher Widerstreit der Meinungen! Die Scythen opfern dem Säbel, die Thracier dem Zamolxis, einem aus Samos zu ihnen entlaufenen Sclaven, die Phrygier der Mene (dem Monde), die Aethiopier dem Tage, die Cyllenier dem Phales, die Assyrer einer Taube, die Perser dem Feuer, die Aegyptier dem Wasser. Und zwar ist diese Verehrung des Wassers allen Aegyptiern gemeinsam: insbesondere aber gilt den Memphiten der Stier für einen Gott, den Pelusioten die Zwiebel, Andern der Ibis, das Krokodil, der hundeköpfige Affe, die Katze, der Pavian. Ja es gibt Dörfer dort, wo in dem Einen die rechte Schulter, in


  1. Bruchstücke aus unbekannten Trauerspielen des Euripides.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1138.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)