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in so hohem Ansehen bei eurem Volke stünde, das doch sonst für roh und ungesellig gilt, und bei welchem Zorn, Haß und Feindschaften, wie ich glaubte, an der Tagesordnung wären. Daß nicht einmal unter den nächsten Angehörigen Freundschaft Statt finden könne, schloß ich theils aus andern Gerüchten, die über die Scythen im Umlauf sind, theils und hauptsächlich aus ihrer Sitte, ihre verstorbenen Aeltern aufzuzehren.

9. Toxaris. Ob unser Benehmen gegen die Aeltern nicht noch pflichtmäßiger und gewissenhafter seyn dürfte, als selbst das eurige, darüber will ich für jetzt nicht mit dir rechten. Daß aber der Scythe ein weit treuerer Freund ist, als der Grieche, und daß man bei uns weit mehr auf wahre Freundschaft hält als bei euch, das soll mir zu beweisen nicht schwer werden. Nur bitte ich dich, um der Griechischen Götter willen, eine der Bemerkungen nicht übel aufzunehmen, welche ich während meines langen Aufenthalts bei Euch zu machen Gelegenheit hatte. Ueber die Freundschaft schöne Reden zu halten verstehet ihr, wie mich dünkt, besser als irgend Jemand: allein das Gesagte auf entsprechende Weise in Ausübung zu bringen, ist nicht eure Sache; ihr begnügt euch zu beweisen, was es für ein köstliches Gut um einen treuen Freund sey. Kommt es nun darauf an, diese Grundsätze zu erproben, so werdet ihr an euren eigenen Deklamationen zu Verräthern, und räumet eilig das Feld.[1] So wie aber ein tragischer Dichter solche Freundschaften auf die Bühne bringt,


  1. Wörtlich: „und laufet, ich weiß nicht wie, mitten in der Arbeit davon.“
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 995. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0995.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)