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für das Passende hatten, und Gut und Schlecht nicht zu unterscheiden wußten, glaubten darin das Höchste zu erblicken, was die mimische Kunst in Darstellung der Leidenschaft zu leisten vermöge. Die feiner Gebildeten und Verständigern aber, denen es keineswegs entging, daß hier nicht Ajax, sondern der Tänzer selbst rase, schämten sich zwar des tollen Zeugs, das sie mit ansehen mußten, wagten aber gleichwohl nicht, ihr Mißfallen durch Stillschweigen auszudrücken, sondern suchten die Tobsucht des Menschen durch Beifallsbezeugungen zu dämpfen. Dieser Kraftmann aber ließ es dabei nicht bewenden, sondern machte einen noch weit lächerlicheren Streich, indem er von der Bühne herabsprang und sich auf die Senatorenbank mitten zwischen zwei Consularen setzte, die in die größte Angst geriethen, er mochte Einen von ihnen für den fatalen Schaafbock ansehen und durchpeitschen. Von den Zuschauern staunten die Einen, Andere lachten: nicht Wenige aber hegten die bange Besorgniß, der arme Tänzer möchte, aus übertriebenem Eifer, den Rasenden recht natürlich zu spielen, in allem Ernste von Sinnen gekommen seyn.

84. Er selbst aber soll, nachdem er wieder zu sich selbst gekommen war, dieses sein Benehmen sich so sehr zu Herzen genommen haben, daß er vor lauter Kummer darüber, daß man ihn für wirklich toll halten mußte, in eine ernstliche Krankheit verfiel. Auch äußerte er sich nachmals darüber deutlich genug, indem er, da seine Partei von ihm verlangte, den Ajax noch einmal zu tanzen, vor dem versammelten Publikum erklärte, „er hätte genug daran, Einmal geraset zu

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 903. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0903.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)