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2. Uebrigens gestehe ich, daß ich mich hiebei für dich und mich schäme: für dich, weil du den heillosesten aller Schurken eines schriftlichen Denkmals würdig achtest; für mich, weil ich mich so ernstlich mit der Geschichte und den Thaten eines Menschen beschäftige, der, statt daß man von ihm ein Buch für die Unterhaltung gebildeter Leser schreibe, vielmehr verdient hätte, in einem großen Amphitheater, im Angesichte aller Welt, von Affen und Füchsen zerrissen zu werden. Allein, wenn man mir dieses Geschäft zum Vorwurf machen wollte, so könnte ich mich auf einen ähnlichen Vorgang berufen, indem jener berühmte Schüler Epictet’s, Arrhian, ein sehr ausgezeichneter Römer, der sein ganzes Leben dem Umgang mit den Wissenschaften gewidmet hatte, sich etwas Aehnliches beigehen ließ und daher auch meine Vertheidigung füglich übernehmen könnte. Arrhian nämlich hat es nicht unter seiner Würde gehalten, das Leben des Straßenräubers Tilliborus zu schreiben. Meine Denkschrift hingegen hat einen noch weit schlimmern Räuber zum Gegenstande, der nicht blos in Wäldern und auf den Bergen Mysien’s[1] und auf dem Ida sein Wesen trieb, sondern mitten in volkreichen Städten raubte, und seine Plünderungen nicht blos auf einige minder bevölkerte Strecken Asiens beschränkte, sondern fast das gesammte Römische Reich zum Schauplatze seiner Freibeutereien machte.

3. Vorerst will ich dir nun den Mann nach seinem Aeußern beschreiben, und dir in Worten eine so getreue Abbildung von ihm zu geben versuchen, als ich, der ich nicht


  1. Μυσίαν nach Palmer.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 820. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0820.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)