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immer milde Güte, Schonung und Langmuth gegen sie beweisen, ich, der ich mit jedem Augenblicke das Aeußerste von ihnen zu gewarten habe? Soll ich ihnen die bloße Kehle darbieten, und was mir das Liebste ist, vor meinen Augen vernichtet werden sehen? Oder findet ihr nicht, daß nur ein thörichter Feigling so handeln könnte? Sollte ich nicht vielmehr als verständiger Mann von ehrenhafter und männlicher Denkart, und in gerechter Entrüstung über eine so schwere Beleidigung, Rache an den Frevlern nehmen, und mir dadurch Ruhe und Sicherheit für künftige Zeiten verschaffen? Ich weiß gewiß, ihr selbst würdet mir diesen Rath geben.“

6. „So höret denn, was ich hierauf gethan. Ich ließ die Schuldigen vor Gericht führen, erlaubte Jedem, sich zu verantworten; und erst nachdem ich sie durch klare Beweise von jedem ihrer Schritte überführt und dadurch zum Bekenntnisse ihrer Schuld genöthigt hatte, ließ ich die Vergeltung eintreten, weniger darüber zürnend, daß sie mir nach dem Leben getrachtet, als weil sie mich hinderten, bei den Regierungs-Grundsätzen zu beharren, die ich anfangs zu befolgen entschlossen gewesen war. Denn von nun an mußte ich nur darauf bedacht seyn, meine Person sicher zu stellen, und meine Gegner zu züchtigen, die unaufhörlich Plane zu meinem Untergange schmieden. Und nun machen die Leute mir den Vorwurf der Grausamkeit, ohne zu bedenken, Wer von beiden Theilen den ersten Anlaß dazu gegeben hat. Sie nehmen durchaus keine Rücksicht auf das Vorhergegangene und auf die Ursache der Strafen, sondern schreien blos über die Strafen selbst und über die vermeintliche Härte derselben. Ist es

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 805. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0805.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)