Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Eben so wenig wird ihn die Zuneigung zu einem Manne verleiten, seine Fehler zu verschweigen. Dieß ist – ich wiederhole es – das alleinige Gesetz der Geschichte: wer zum Historiker sich anschicken will, darf allein nur der Wahrheit huldigen, alles Andere muß ihm gleichgültig seyn. Es giebt für ihn nur Eine, aber untrügliche Richtschnur, nämlich die stäte Rücksicht, nicht auf seine jetzigen, sondern auf diejenigen Leser, welche sich in kommenden Zeiten mit seinem Buche beschäftigen werden.

40. Wer nur der Mitwelt gefallen will, wird mit Recht unter die Schmeichler gerechnet: ein Geschlecht, das der Muse der Geschichte von jeher nicht minder zuwider gewesen, als Toilettenkünste der Gymnastik.

Man erzählt folgende merkwürdige Aeußerung Alexander’s, die er einst gegen [seinen Geschichtschreiber] Onesikritus gethan haben soll: „Ich möchte wohl nach meinem Tode auf einige Augenblicke wieder in’s Leben zurückkehren, um zu erfahren, was die Menschen dann sagen werden, wann sie deine Geschichte lesen. Denn über die freundliche Aufnahme und den Beifall, den dein Werk jetzt findet, darfst du dich nicht wundern: Jeder hält es, wenn er dich lobt, für das wirksamste Mittel, meine Gnade anzuködern.“ Wenn es Leute giebt, die dem Homer, dessen Erzählungen von Achilles doch größtentheils in’s Fabelhafte spielen, zu glauben geneigt sind, so wissen sie keinen andern Beweisgrund für seine Wahrhaftigkeit anzuführen, als den, daß er ja nicht zu seines Helden Lebzeiten geschrieben, so daß also nicht abzusehen sey, warum er hätte lügen sollen.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 671. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0671.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)