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wer von ihnen das vollkommenste Kunstwerk hervorbringen könnte. Da bildete Neptun einen Stier; Minerva entwarf den sinnreichen Plan eines Wohnhauses; Vulkan schuf einen Menschen. Wie sie nun mit ihren Kunstwerken vor den Momus kamen, den sie zum Schiedsrichter erwählt hatten, betrachtete er jedes derselben sehr sorgfältig. Was er hierauf an den beiden erstern aussetzte, gehört nicht hieher; den Vulkan aber tadelte er, daß er der Brust seines Menschen keine Thürchen eingesetzt hatte, die man nur öffnen dürfte, um sogleich zu wissen, was er denkt und will, und ob er lügt oder die Wahrheit spricht. Indem also Momus so urtheilte, gestand er, daß auch er nicht scharfsichtig genug sey, den Menschen zu durchschauen. Aber freilich du bist mehr als selbst Lynceus; du siehst unmittelbar in’s Herz; Alles ist vor deinen Blicken aufgeschlossen, so daß du nicht bloß weißt, was Einer denkt und will, sondern auch welcher von zweien der Bessere, welcher der Schlechtere ist.

21. Hermotimus. Du scherzest, Lycinus. Dem sey wie ihm wolle: mein guter Genius hat mich nun einmal so wählen lassen. Meine Wahl reut mich nicht, und das ist mir genug.

Lycinus. Aber mir ist’s nicht genug, guter Freund. Wirst du mich denn in der Fluth gemeiner Alltagsmenschen untergehen lassen?

Hermotimus. Du wirst doch mit nichts zufrieden seyn, was ich dir auch sagen werde.

Lycinus. Glaube das nicht, mein Lieber; du willst mir nur nichts sagen, das mich befriedigen könnte. Weil du also absichtlich und aus Mißgunst hinter dem Berge hältst,

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 534. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0534.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)