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schwang sich das rein Göttliche seines Wesens, von den Flammen geläutert, zu den Göttern empor. Eben so werden die Weisen durch die Weisheit, wie mittelst eines Reinigungsfeuers, von allen jenen Dingen entbunden, welche Andern, die nicht richtig zu urtheilen vermögen, bewunderns- und wünschenswerth erscheinen. Und wenn sie auf der Höhe angelangt sind, vergessen sie im Vollgenusse ihres Glückes aller Schätze und Ehren und Wollüste, und lachen der Thoren, die solchen Dingen einen Werth beilegen.[1]

8. Lycinus. Nun beim Herkules vom Oeta, das muß wohl ein erhabenes Glück seyn, das die Leute da oben genießen. Aber ich möchte doch wohl wissen, guter Hermotimus, ob sie auch bisweilen, wenn sie Lust haben, ihre Höhe wieder verlassen können, um der Dinge, die sie unten zurückgelassen, sich zu bedienen: oder müssen sie nun ein für allemal oben bleiben, und im beständigen Umgange mit der Tugend den Reichthum, den Ruhm und die Wollust mit Verachtung ansehen?

Hermotimus. Nicht nur das, mein lieber Lycinus; sondern der Glückliche, welcher in der Tugend vollkommen geworden ist, kann nie wieder dem Zorne, der Furcht oder einer Begierde unterthan werden; noch wird je Kummer oder irgend ein anderer Affect ihn befallen.

Lycinus. Gleichwohl, wenn ich offenherzig sagen soll, was wahr ist – doch nein ich schweige; ich würde mich, denke ich, versündigen, wenn ich das Thun der heiligen Weisen in argwöhnische Untersuchung ziehen wollte.


  1. ταῦτ᾿ εἶναί τι.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 522. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0522.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)