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Wahrsager zu spielen, welche reiche Erbschaften, hohe Ehrenstellen und unermeßliche Reichthümer versprechen. Denn du siehst, wie gut es solchen Leuten in den Häusern der Großen geht, und wie sehr sie dort in Ehren gehalten werden. Allein, so gerne du auch Einer von Jenen seyn wolltest, nur um nicht gänzlich für ein unnütz Geräthe zu passiren – du hast nun einmal das Unglück, nicht einmal für eine solche Rolle das hinlängliche Talent zu besitzen. Und so bleibt dir nichts übrig, als in aller Demuth dich hintansetzen zu lassen, und dein Loos in der Stille zu beklagen.

28. Denn wenn es zum Beispiel einem der Sclaven einfällt, dem Herrn zuzuflüstern, du wärest der Einzige gewesen, der seinen Beifall über das Tanzen oder Citherspiel des kleinen Lieblings der Frau nicht zu erkennen gab, so könnte Das nicht gut ablaufen. Du mußt also, obwohl durstiger als ein Frosch auf dem Trockenen, alle Uebrigen mit deinem Beifallsgeschrei ausstechen, und sogar oft, wenn die Andern stille geworden sind, eine studirte Lobrede hinten nach folgen lassen, wobei die Schmeicheleien nicht gespart werden dürfen. – Da sitzest du nun, ein lächerlicher Gast, fürwahr! duftest von Wohlgerüchen, bist mit Blumen bekränzt; aber zu essen und zu trinken bekommst du – Nichts. Du machst eine Figur, wie der Grabstein eines kürzlich Verstorbenen, dem das Todtenmahl dargebracht wird: man besalbt ihn, man bekränzt ihn, aber Wein und Speisen behält man für sich.

29. Ist vollends der Herr vom Hause eifersüchtig, und hat schöne Kinder oder eine junge Frau, und du bist nur nicht gar von allen Grazien verlassen, so ist das ein sehr mißlicher Umstand, der den Unfrieden bald genug herbeiführen

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 470. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0470.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)