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die Vorübergehenden denken sollen, der vornehme Herr könne nicht einmal auf der Straße seine gelehrten Studien vergessen, und wisse auch die Muße des Spazierengehens zu einem löblichen Zwecke zu verwenden.

26. Und so mußt du, armer Freund, bald im Trab, bald im Schritt bergauf und bergab (denn so ist die Lage der Stadt beschaffen, wie du weißt), schwitzend und keuchend überallhin nebenher laufen:[1] und während er mit dem Freunde, den er besucht, ein Langes und Breites sich unterhält, stehst du (denn ein Sitz wird dir nicht gereicht) im Vorzimmer, ziehst ein Buch heraus, und fängst vor Langerweile zu lesen an. So kann die Nacht herbeikommen, ehe du einen Bissen zu essen oder Etwas zu trinken bekommen hast: nun mußt du noch in aller Eile und ganz zur Unzeit ein Bad nehmen, um doch wenigstens noch vor Mitternacht bei der Tafel zu erscheinen. Aber nun ist es nicht mehr wie das Erstemal, wo man dich in Ehren hielt, und wo die Augen aller Anwesenden auf dich gerichtet waren: jetzt, wenn irgend ein neuer Gast kommt, so heißt es: Platz gemacht! Am Ende wirst du in den äußersten Winkel des Saales gedrängt, wo sich Jeder zu sitzen schämen würde: dort bist du ein bloßer Zuschauer, wie die Schüsseln in die Runde gehen; denn bis sie an dich kommen, enthalten sie höchstens noch ein Paar Knochen, die du benagen darfst, oder hie und da ein leeres Malvenblatt, in welches irgend ein guter Bissen gewickelt gewesen war, und welches du aus Heißhunger ableckest, während es deine Vorgänger aus Verachtung liegen


  1. Während der reiche Herr auf dem Tragsessel sitzt.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 467. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0467.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)