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Galatea. Spotte nicht, Doris: er ist einmal ein Sohn des Neptun, mag er nun aussehen, wie er will.

Doris. Je nun, und wenn er selbst Jupiter’s Sohn wäre, so wild und struppicht, wie er aussieht, und was das Allerhässlichste ist, einäugig – meinst du denn, seine Abkunft würde ihm zur Schönheit helfen?

Galatea. Eben dieß Struppichte und Wilde, wie du es nennst, ist nichts weniger als häßlich; es giebt ihm ein männliches Ansehen. Und das einzige Auge auf der Stirne nimmt sich ja recht gut aus: auch sieht er nicht schwächer, als ob er ihrer zwei hätte.

Doris. Du lobst ja deinen Polyphem so gewaltig, Galatea, daß es ist, als ob er dein Geliebter, und nicht dein Liebhaber wäre.

2. Galatea. Mein Geliebter eben nicht: aber ich kann das hämische, tadelsüchtige Wesen an euch nicht leiden. Ihr thut es offenbar nur aus Neid. Denn neulich, als er seine Heerde hütete, und von der Höhe herab uns zusah, wie wir am Fuße des Aetna auf dem Gestade spielten, wo es sich zwischen dem Berge und dem Meere hinzieht, damals würdigte er Keine von euch eines Blicks: ich aber kam ihm als die Schönste von Allen vor, und auf mir allein ließ er daher sein Auge ruhen. Das ist’s, was euch ärgert: es war ein Beweis, daß ich schöner und liebenswürdiger bin, als ihr; euch besieht man nicht.

Doris. Du wirst doch nicht meinen, uns ein Gegenstand des Neides geworden zu seyn, weil du einem halbblinden Schafhirten gefallen hast? Was wird er denn Anderes an dir zu loben gehabt haben, als deine weiße Haut? Und

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0182.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)