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daß es blose Windbeutelei ist. Hat doch der große Prophet selbst nicht gewußt, daß er seinen Geliebten mit dem Diskus tödten, und nicht geahnt, daß Daphne vor ihm, dem schönen, lockigten Jüngling davon laufen werde. Ich sehe also gar nicht ein, warum du mit Kindern für gesegneter, als Niobe[WS 1], gelten sollst.

Latona. O ich weiß nur zu gut, wie sehr dich’s verdrießt, diese Menschenfresserin und diesen Lügenpropheten unter den Göttern sehen zu müssen, zumal wenn die Schönheit der Diana und Apollo’s Citherspiel bei der Tafel das Lob und die Bewunderung aller Uebrigen einerndtet.

Juno. Ich muß lachen, Latona. Apoll ein Meister? Glaube mir, wenn damals die Musen gerecht hätten richten wollen, Marsyas hätte ihn weit überwunden, und ihm die Haut abgezogen, anstatt daß nun der arme Tropf, in Folge eines ungerechten Urtheilspruchs, die seinige hergeben mußte. Deine schöne Jungfrau aber muß wohl recht schön seyn, da sie, als sie von Actäon im Bade gesehen worden war, durch ihre Hunde ihn zerreißen ließ, aus Furcht, der Jüngling möchte ihre Häßlichkeit ausplaudern. Davon will ich gar nichts sagen, daß sie sich schwerlich zu Hebammendiensten hergeben würde, wenn sie selbst noch Jungfrau wäre.

Latona. Du hast einen gewaltigen Hochmuth, weil du Jupiter’s Gemahlin und Mitregentin bist, und glaubst, dir deßwegen alle Beleidigungen erlauben zu dürfen. Aber ich werde dich bald genug wieder in Thränen sehen, wenn er dich einmal wieder sitzen läßt, um auf der Erde zum Stier oder Schwan zu werden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Nio be
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0152.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)