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Nähe liegenden Peitsche, und gab mir damit einen so unsanften Willkomm, daß ich bittere Thränen an der Schwelle der Kunst vergoß.

4. Ich lief nach Hause, unaufhörlich schluchzend, die Augen voller Thränen, erzählte, wie mir die Peitsche mitgespielt, zeigte meine Striemen, schalt auf diese barbarische Behandlung, und behauptete, aus bloßem Neide wäre er so mit mir umgegangen, weil er besorgte, ich möchte es ihm einst in der Kunst zuvorthun. Meine Mutter ward sehr aufgebracht über ihren Bruder und machte ihm bittere Vorwürfe. Unterdessen rückte die Nacht heran: thränend legte ich mich nieder, und brachte den größten Theil derselben in tiefem Nachdenken zu.

5. So weit, meine Freunde, habt ihr nun freilich Nichts als ein kindisches Geschichtchen vernommen: aber was nun folgt, ist wohl von größerer Bedeutung, und verdient eure geneigte Aufmerksamkeit.

– – Mir erschien ein göttlicher Traum in dem Schlummer durch die ambrosische Nacht – –

um mit Homer[1] zu sprechen: ein so lebhafter Traum, daß ihm wahrlich wenig zur Wirklichkeit fehlte. Jetzt noch, nach so langer Zeit, schweben mir jene Erscheinungen klar vor den Augen, noch tönen jene Worte, die ich hörte, in meinen Ohren: so deutlich war Alles.

6. Zwei Frauen faßten mich zu gleicher Zeit bei den Händen, und suchten mich mit solcher Gewalt jede auf ihre Seite zu ziehen, daß sie mich in ihrem Wetteifer beinahe zerrissen


  1. Iliade II, 56. 57. nach Voß.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0021.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)