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DIE ENGLISCHEN SCHULEN
IM ÖSTERREICHISCHEN MUSEUM
(29. januar 1898)


In Wien ist man in den letzten jahren sehr empfindlich geworden. Holt man etwas von draußen herein und sagt den leuten: „Seht, so macht mans in Tripstrill oder Buxtehude“, so muß man es sich gefallen lassen, als stadtverräter und unpatriotischer mensch an den pranger gestellt zu werden. Ob es nun bilder oder sessel, opern oder taxameter sind, ist gleichgültig. Die freunde der wiener industrie behaupten dann: „Durch die vorführung ausländischer bilder, sessel, opern und taxameter wird die heimische bilder-, sessel-, opern- und taxameterindustrie geschädigt.“

Ich kann das nicht einsehen. Sind die sachen schlechter als die unseren – dann hurra! Dann können wir uns getrost in die brust werfen und uns über diese tatsache freuen. Dann wird durch die konstatierung dieser tatsache die wiener industrie einen neuen aufschwung erzielen. Wenn aber die sachen besser sind? Dann wirken sie nicht direkt, aber indirekt zur hebung der heimischen industrie. Denn das wiener gewerbe wird sie sich zum muster nehmen können, und die distanz, die das heimische vom fremden kunsthandwerk trennt, kann mit einem schlage ausgeglichen werden.

Hofrat von Scala hat englische schülerarbeiten ausgestellt. Sind die nun besser oder schlechter als die unseren? Ich glaube, daß sie besser sind. Unsere fachschulen und kunstgewerbeschulen sind nämlich eine nachahmung der englischen einrichtungen. Da wir aber stillgestanden sind, während sich die engländer rapid vorwärts

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/171&oldid=- (Version vom 1.8.2018)