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10. Der ganz kleine Däumerling.

Ein armer Dorfschneider hatte einen Sohn, der war ganz klein geblieben, denn weil er niemals satt zu eßen hatte, konnt er nicht wachsen, und war nicht größer geworden, als ein guter Mannsdaumen, aber Herz hatte er wohl drei Ellen hoch. Das war viel! Und pfiffig und geschickt war der Däumerling auch.

Als ihm der Vater nun nicht satt zu eßen konnte geben, wollt er auf die Wanderschaft gehen. Das lobte der Vater, und damit sein Sohn ihm Ehre machte, sollte er wohlgerüstet in die Welt ziehen, damit die Leute sagen möchten: „Das ist ein ganzer Mann; weßen Kind mag er sein?“

Der Vater nahm eine Stopfnadel und machte einen Knopf von Siegellack dran, und nahm dann ein Stück von einem Grashalm und steckte die Nadel in die Röhre deßelben hinein. Dann nahm er einen grünen feinen Zwirnsfaden, und band ihm diesen um den Leib!

„Sieh! sagte der Vater, hier schenk ich dir diesen Degen mit der Scheide, den ich dir hier in dein grünes Wehrgehenk stecke. Zieh den Degen nicht ohne Noth, und fang keine Händel an; aber dich zu schützen und deine Ehre zu vertheidigen, sollst du ihn ziehen. Und so geh mit Gott!“ – Da ging er.

Zuerst kam er bei einem Meister in Arbeit, wo ihm das Eßen nicht gefiel, und er machte Spott und Stichelverslein auf die Meisterin, die sich das eine Weile gefallen ließ, aber endlich auch böse wurde, und einen Tuchstreifen nahm und sagte: „Du Grashüpferling, willst dich noch mausig machen, als wärst ein großer Kerl?“ – Hast noch einmal das Maul auf, will ich dir einen Klapps versetzen, daß du über die Stadt naus sollst fliegen.“