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im alten Sinne macht heut zu Tage den Werth der Übersetzung aus; nein, die Jetztzeit fordert mit Recht, dass das übertragene Werk, ohne auf eine wesentliche Schönheit und Eigenthümlichkeit des Gedankens wie der Form zu verzichten, sich zugleich innerhalb der auferlegten Fessel mit aller Freiheit und Anmuth der Muttersprache bewege, – dass das nachgeformte Gedicht, so zu sagen, in einem Athem eine fremdländische und eine deutsche Originalschöpfung sei. Hier ist noch mancher Lorber zu erringen; aber die Hand, die nach dem Kranze greift, hüte sich wohl vor den Dornen am Wege! Wie kein Volk der Erde, außer dem unsrigen, sich ganz in den Geist und das Wesen fremder Nationen zu versenken und einzuleben vermag, so hat auch unsre Sprache vor allen übrigen die Fähigkeit, sich im ausländischen Gewande heimisch zu fühlen, ja dasselbe fast mit so viel Würde und Zierlichkeit, wie das bequeme Hauskleid, zu tragen. Aber von ihr auch gilt der Spruch: Wem Viel gegeben ist, von Dem wird Viel gefordert, – und giebt es nicht allezeit der linkischen Gesellen genug, die in der fremden Tracht so ungraciös einherschreiten, als müssten sie, in spanische Stiefel eingeschnürt, einen Eiertanz exekutieren, statt mit freudigem Sinn und aus freier Liebe eine künstlerische That zu vollbringen! – Es sei fern von mir, zu wähnen, dass ich alle oder selbst nur die gefährlichsten Klippen umschifft hätte, an denen mehr als ein Uebersetzer ausländischer