Wär’ ich der Lichtstrahl, der aus Abendgluth,
Bis er hinstirbt, auf deinem Antlitz ruht,
Das Mondlicht, das die Frühlingsnacht belehrt,
Wie schön du bist, und sich an dir verklärt!
Wie Abendgluth und Mondeshuldigungen
Hielt ich dich gern bis in den Tod umschlungen,
Doch stirbt vor mir an dir mein Wohlgefallen,
Nach Andern werden meine Pulse wallen,
Die Lichter werden nicht mehr um dich scheinen,
Du wirst im Dunkeln einsam stehn und weinen.
Clara.
Don Juan, fahr wohl! dies war mein letzter Kuß,
Ich warte nicht auf deinen Ueberdruß.
Ich will nicht schaudernd dein Erkalten spüren
Und bettelnd aus der Asche Funken schüren.
Don Juan, fahr’ wohl! doch werd’ ich nimmer weinen,
Wenn du dahin, den ich geliebt wie Keinen.
Ich kannte dich, als mir zum erstenmal
In’s Herz gedrungen deiner Augen Strahl;
Nicht in der Liebe höchsten Augenblicken
Gab ich dem süßen Wahne mich gefangen,
Nicolaus Lenau: Nicolaus Lenau's dichterischer Nachlaß. J. G. Cotta, Stuttgart und Augsburg 1858, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lenau_-_dichterischer_Nachlass,_1858.djvu/54&oldid=- (Version vom 22.4.2023)