Seite:Lenau - dichterischer Nachlass, 1858.djvu/45

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
25

Prospero.
Es ist der Mann, für den ich dich bestimmt,
Zu gut, als daß er Thränen dir entpresse;
Und trocknen wird die Zeit die eitle Nässe
Des Auges, das in Schwärmereien schwimmt.

Maria.
Er wandelt schon im Niedergang des Lebens
Und schaut der Abendsonne kühle Neige,
Ich wandle noch die hellen Morgensteige,
Den gleichen Schritt versuchten wir vergebens.
Wie Morgenröthe mit dem Abendrothe
Am Himmel nicht zusammen will erscheinen,
So soll auf Erden nach Naturgebote
Die Jugend nicht dem Alter sich vereinen.
So sprach die Aya mir, sie ruh’ in Frieden,
Die Freundin, die zu früh von mir geschieden.
Der Herzog strahlt im Ruhme großer Thaten,
Die auf dem Weg ihm Lust und Lieb’ zertraten;
Er hat ein reiches Leben durchgerungen,
Und ist verdüstert von Erinnerungen.

Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Lenau: Nicolaus Lenau's dichterischer Nachlaß. J. G. Cotta, Stuttgart und Augsburg 1858, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lenau_-_dichterischer_Nachlass,_1858.djvu/45&oldid=- (Version vom 27.11.2022)