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Fünfundzwanzigstes Kapitel


Schlupfwinkel


Die Verhaftungen, die dank meinen Nachforschungen Schlag auf Schlag erfolgt waren, hatten die Diebe einen Moment erschreckt, aber bald tauchten sie zahlreicher und kühner als vorher wieder auf. Darunter befanden sich einige entsprungene Sträflinge, die sich in ihrem gefährlichen Handwerk in den Zuchthäusern noch vervollkommnet hatten und es nun in Paris ausübten. Die Polizei beschloß, dem Treiben dieser Banditen ein Ende zu machen; ich erhielt Order, sie aufzuspüren,und nun begann ich alle Schlupfwinkel des Lasters abzusuchen, – in Paris wie in der Umgegend.

Es war natürlich unmöglich, beständig unter Verbrechern zu leben, ohne daß sie mich zur Teilnahme an ihren Unternehmen aufforderten. Nie wies ich diese Vorschläge ab, aber sobald es zur Ausführung kam, pflegte ich stets irgendeinen Vorwand zu finden, um nicht zum verabredeten Stelldichein zu kommen. Im allgemeinen sind die Diebe so stupide Wesen, daß keine Ausrede dumm genug war, als daß ich sie nicht hätte vorschützen können: noch mehr, zuweilen brauchte ich, um sie zu täuschen, nicht einmal zu einer List Zuflucht zu nehmen.

Wenn man sich mit Dieben gut steht, ist natürlich nichts leichter, als auch die Diebeshehler kennen zu lernen. Und so entdeckte ich auch mehrere Hehler, und die Indizien, die ich zu ihrer Überführung angeben konnte, waren so positiver Natur, daß die Kunden bald in die Zuchthäuser eingeliefert werden konnten.

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_326.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)