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nicht kannte; es war ein Droschkenkutscher namens Debenne, ein biederer Familienvater, der sich durch die Elenden hatte verführen lassen. Man begann von diesem und jenem zu reden. Ich hatte unterdessen schon einen Plan ausgedacht, wie ich mich bei der Tat verhaften lassen würde. Aber wie groß war mein Erstauen, als Saint-Germain, in dem Moment, als die Zeche bezahlt werden sollte, sich mit folgenden Worten an uns wandte:

„Meine Freunde, wenn es sich um den Kopf handelt, kann man nie vorsichtig genug sein. Heute wagen wir ein Spiel, das ich nicht gerne verloren haben möchte. Damit das Glück auf unserer Seite ist, habe ich folgendes beschlossen, und ich bin überzeugt, daß ihr mit mir einverstanden sein werdet: erst gegen Mitternacht können wir uns vor das betreffende Haus begeben. Boudin und ich dringen ins Innere, ihr bleibt im Garten, um uns im Notfall beizuspringen. Wenn das Geschäft gelingt, bringt es uns soviel ein, daß wir einige Zeit davon ruhig leben können. Aber wichtig für unsere gegenseitige Sicherheit ist’s, daß wir uns bis zur Ausführung der Tat nicht mehr trennen.“

Diese Schlußworte wurden sogar noch wiederholt, da ich sie nicht verstanden zu haben heuchelte. Diesmal, sprach ich zu mir selbst, weiß ich wirklich nicht, wie ich mich aus der Affäre ziehen soll. Welches Mittel ergreifen? Saint-Germain war ein Mann von seltener Verwegenheit, geldgierig und stets bereits, Blut zu vergießen, wenn es um Geld ging.

Es war noch nicht gegen zehn Uhr morgens; bis Mitternacht war also noch lange Zeit. Ich hoffte, daß sich während dieser Zeit eine Gelegenheit bieten würde, die Polizei zu benachrichtigen. Inzwischen ging ich auf Saint-Germains Vorschlag ein und erhob nicht den geringsten Einwand gegen diese Vorsichtsmaßregeln, die die beste Bürgschaft für die Treue eines jeden gewähren mußte.

Es wurde ausgemacht, daß wir alle zu ihm in die Rue Saint-Antoine gehen sollten; eine Droschke brachte uns vier vors Haus. Dort führte er uns in ein Zimmer, wo wir uns bis zum Moment

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_320.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)