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dieses grotesken Zweikampfes, als ich auf einmal in der Nähe eines Bauerngutes, wohin wir öfters gingen, um eine besonders feine Suppe zu essen, zwei Menschen erblickte, die sich ihrer Oberkleider entledigt hatten und sich anschickten, ihre Degen zur Hand zu nehmen. Ihre Zeugen waren ein Oberquartiermeister vom zehnten Dragonerregiment und ein Artilleriequartiermeister.

Bald waren die Klingen gekreuzt. Der kleinere der beiden Kämpen, ein Kanoniersergeant, drang mit einem Ungestüm sondergleichen vor; nachdem er mindestens fünfzig Schritte vorgedrungen war, verschwand er mit einem Male so plötzlich, als ob sich die Erde unter ihm aufgetan hätte; ein schallendes Gelächter brach aus. Nach diesem Ausbruch der Lustigkeit kamen die Zeugen näher, und ich sah sie sich bücken. Voller Neugier trat ich auch hinzu und kam gerade noch recht, um den armen Teufel, dessen plötzliches Verschwinden mich so verwundert hatte, aus dem Loche ziehen zu helfen, das zur Aufnahme eines Schweinetroges bestimmt war. Er war beinahe ohnmächtig und vom Kopfe bis zu den Füßen mit Schmutz bedeckt; in der frischen Luft kam er bald wieder zur Besinnung, aber er wagte kaum zu atmen, er fürchtete, Mund und Augen zu öffnen, so schmutzig war die Flüssigkeit, in die er gefallen war. Die ersten Worte, die er in diesem traurigen Zustand vernahm, waren Spottworte. Ich war empört über diesen Mangel an Zartgefühl und schleuderte im Übermaß meines gerechten Unwillens dem Gegner des Opfers einen jener herausfordernden Blicke zu, die unter Soldaten keiner weiteren Erklärung bedürfen.

„Es ist recht,“ antwortete er mir, „ich erwarte dich jetzt gleich.“

Kaum stehe ich in Positur, so sehe ich auf dem Arm meines Gegners eine Figur tätowiert, die mir bekannt vorkommt: es ist ein Anker, um den eine Schlange sich windet.

„Ich sehe den Schwanz,“ rufe ich ihm zu, „gibt acht auf den Kopf!“ und mit diesem Zuruf treffe ich meinen Mann auf die rechte Brust.

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_264.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)