Seite:Landstreicherleben 227.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wieder ins Bett und halte mich am Tage schadlos.‘ – Fanfan schien mir ein pfiffiger Bengel zu sein; ich glaubte, er würde mir einen guten Rat geben können, und schilderte ihm meine Not.

‚Sonst nichts?‘ rief er, ‚komm mittags zu mir in die Schenke an der Barrière des Sergents, ich werde dir einen guten Rat geben, in jedem Fall wollen wir zusammen essen.‘

Ich stelle mich pünktlich zum Rendezvous ein. Auch Fanfan hatte nicht auf sich warten lassen, er war sogar noch vor mir gekommen. Kaum war ich da, so führte er mich in ein apartes Kabinett, und ich sah mich auf einmal vor einem Berge Austern, zwischen zwei Weibern eingeklemmt, von denen die eine bei meinem Anblick in ein schallendes Gelächter ausbrach.

‚Was hat sie denn?‘ rief Fanfan.

‚Ach Gott, nein, das ist ja mein Landsmann!‘

‚Die Landsmännin,‘ rief ich meinerseits, etwas verlegen.

‚Ja, mein Junge, es ist die Landsmännin.‘ Ich wollte mich wegen des bösen Streiches, den sie mir am Tage vorher gespielt hatte, ärgern, aber sie umarmte Fanfan, den sie ihr ‚Karnickel‘ nannte, und begann noch mehr zu lachen, da sah ich ein, daß das beste, was ich tun konnte, war, an der Lustigkeit teilzunehmen.

‚Na!‘ sagte Fanfan, indem er mir ein Glas Weißwein einschenkte und ein Dutzend Austern auflegte, ‚du siehst, man darf nie am Schicksal verzweifeln. Die Schweinshaxen sind noch auf dem Rost, liebst du Schweinshaxen?‘

Ich hatte noch nicht Zeit gehabt zu antworten, als die Schweinshaxen schon aufgetragen waren. Der Appetit, mit dem ich alles verschlang, war so überzeugend, daß Fanfan nicht weiter nach meinem Geschmack zu fragen brauchte. Der Chablis machte mich bald wieder heiter; ich vergaß den Ärger mit meinem Meister, und da mir die Freundin meiner Landsmännin besonders ins Auge stach, machte ich mich an sie heran. So wahr ich Dufailli heiße, sie war zum Anbeißen. Sie gab mir ihre Hand.


Empfohlene Zitierweise:
Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_227.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)