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aber das alles war nicht imstande, mich die Krapfen des niederbretonischen Bauern vergessen zu lassen.

Nach dem Abendessen wurde das gemeinsame Gebet gehalten. Vor dem Schlafengehen steckten Vater und Mutter ihre Pfeifen an. Da ich von den Aufregungen und Anstrengungen des Tages sehr mitgenommen war, äußerte ich den Wunsch, mich zurückzuziehen.

„Wir können Ihnen leider kein Bett anbieten,“ sagte der Hausherr, er war früher Matrose gewesen und sprach daher ziemlich gut Französisch, „Sie werden mit meinen Töchtern schlafen müssen …“

Ich bemerkte, daß ich mich auf einer Bußreise befinde, und nur auf Stroh schlafen dürfe. Ich fügte hinzu, daß ich mich mit einem Eckchen im Stall begnügen würde.

„Iwo,“ erwiderte er, „wenn Sie mit Jeanne und Madelon schlafen, brechen Sie Ihr Gelübde nicht, denn Ihr Bett besteht ja nur aus Stroh … Außerdem wäre im Stall kein Platz mehr für Sie … Dort schlafen schon ein Kesselflicker und zwei beurlaubte Soldaten, denen ich gestattet habe, hier die Nacht zu verbringen.“

Ich konnte nichts dagegen einwenden; ich war nur zu froh, die Begegnung mit den Soldaten vermieden zu haben, und begab mich in das Schlafgemach der Mädchen. Das war ein Kämmerchen, das mit getrockneten Äpfeln, Käse und geräuchertem Speck vollgestopft war; in einer Ecke brüteten ein Dutzend Hennen, und etwas weiter waren acht Kaninchen eingehegt. Das Mobiliar bestand aus einem halbzerbrochenen Krug, einem wurmstichigen Schemel und dem Bruchstück eines Spiegels; das Bett war, wie in dieser Gegend üblich, eine sargförmige, etwa drei Fuß breite Kiste, die mit Stroh gefüllt war.

Hier erwarteten mich neue Schwierigkeiten. Die beiden jungen Mädchen entkleideten sich ganz ungeniert vor mir, der ja gute Gründe hatte, möglichst zurückhaltend zu sein. Zu den Umständen,

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_150.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)