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Siebentes Kapitel


Die Briefe aus Jerusalem


Erschöpft von Mißhandlungen aller Art, erschöpft von einer Überwachung, die seit meiner Verurteilung noch verdoppelt wurde, hütete ich mich wohl, Berufung einzulegen – ich hätte dann noch einige Monate länger im Untersuchungsgefängnis bleiben müssen. Was mich in meinem Entschluß noch bestärkte, war die Nachricht, daß die Verurteilten sofort nach Bicêtre abgeführt werden und von dort dem Hauptschub für das Zuchthaus zu Brest angegliedert werden sollten. Ich brauche wohl nicht erst bemerken, daß ich unterwegs zu flüchten hoffte.

Der Befehl zur Abfahrt traf endlich ein und wurde, was man von Menschen, die ins Bagno gehen, kaum glauben kann, mit Enthusiasmus aufgenommen, – so sehr waren alle von den Quälereien des Aufsehers Martin mürbe gemacht. Aber unsere neue Lage war nicht weniger als angenehm. Der Häscher Hurtrel, der uns begleitete, hatte Fesseln eines neuen Systems herstellen lassen: an jedem Bein trugen wir eine Kugel von fünfzehn Pfund, durch dicke Armringe wurden je zwei und zwei Mann aneinandergeschlossen. Es war demnach unmöglich, durch Geschicklichkeit zu entkommen zu trachten. Nur ein Gesamtüberfall konnte uns retten. Ich machte den Vorschlag. Meine vierzehn Gefährten nahmen ihn an, und es wurde verabredet, daß im Walde von Compiègne der Plan verwirklicht werden sollte. Desfosseux war auch mit im Zug; mit Hilfe der Feilen, die er immer noch im Darm trug, waren innerhalb von drei

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_119.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)