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die Straße. Die Gendarmen wollen mir nachspringen, verwickeln sich aber in ihren Säbeln und Schaftstiefeln, und sind erst aus dem Wagen gestiegen, als ich schon einen bedeutenden Vorsprung hatte. Ich schleiche mich sofort aus der Stadt und erreiche bald mit dem Geld, das ich von meiner Mutter vor kurzem erhielt, Dünkirchen. Ich hatte die Absicht, mich einzuschiffen und machte auch bald die Bekanntschaft des Superkargos einer schwedischen Brigg, der mir versprach, mich an Bord zu nehmen.

In Erwartung der Abfahrt, schlug mir mein neuer Freund vor, ihn nach Saint-Omer zu begleiten, wo er eine Partie Zwieback kaufen wollte. Unter meinen Seemannskleidern fühlte ich mich geborgen. Ich mache die Reise mit. Aber mein heftiger Charakter läßt mich bei einer Rauferei in einer Herberge nicht bloßer Zuschauer bleiben. Ich werde als Ruhestörer verhaftet und auf die Wache gebracht. Dort verlangt man meine Papiere, ich habe keine, da meine Antworten vermuten lassen, daß ich aus irgendeinem Gefängnis geflüchtet sei, werde ich am nächsten Tage nach Douai abgeschoben, ohne daß ich auch nur von meinem Vorgesetzten Abschied nehmen kann. – Der muß sich schön gewundert haben!

In Douai werde ich von neuem ins Gefängnis eingeliefert. Infolge eines Streites mit den Schließern, währenddessen ich zu aktiv eingriff, wurde ich in ein dunkles Loch geworfen, das unter dem Stadtturm lag. Es waren unser dort fünf Mann. Der eine, ein zum Tode verurteilter Deserteur, sprach nur von Selbstmord. Ich redete ihm zu, lieber nach Mitteln zu suchen, um aus diesem entsetzlichen Kerker zu entkommen, wo die Ratten wie die Kaninchen in einem Gehege umherliefen, unser Brot wegfraßen und in der Nacht an uns herumnagten.

Wir hatten einem Soldaten der Nationalgarde, die im Gefängnis den Dienst versah, das Bajonett gemaust; damit begannen wir, in der Mauer ein Loch zu graben. Wir gruben in der Richtung, wo wir einen Schuster auf seine Leisten schlagen

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_116.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)