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immer mehr Paris, wo ich Lebensmöglichkeiten zu finden hoffte, denn ich glaubte, daß meine Mutter mir bald etwas Geld schicken würde. In Louvre begegnete ich einer Abteilung schwarzer Husaren und fragte den Quartiermeister, ob es nicht möglich sei, in ihren Dienst einzutreten. Er antwortete nein, aber der Leutnant war von meiner Lage gerührt und bot mir die Stellung eines Stallknechts für die Pferde, die er in Paris kaufen sollte, an. Ich nahm bereitwillig an. Unter der neuen Uniform versteckt, verloren in den Reihen eines zahlreichen Regiments, wiegte ich mich in Sicherheit und dachte schon daran, meine Laufbahn als Militär zu machen, aber ein unglücklicher Zufall stürzte mich wieder in den Abgrund.

Als ich eines Morgens in mein Quartier zurückkehrte, begegnete ich einem Gendarmen, der aus Douai nach Guise versetzt worden war. Er hatte mich so oft und so ausgiebig gesehen, daß er mich auf den ersten Blick erkannte und mich anrief. Wir befanden und mitten in der Stadt, an eine Flucht zu denken war unmöglich. Ich gehe auf ihn zu, grüße ihn und tue, als ob ich entzückt sei, ihn zu sehen. Er erwidert meine Zutunlichkeit, aber mit einer sauren Miene, die nichts Gutes verspricht. Unterdessen kommt ein Husar aus meiner Eskadron vorbei, sieht mich mit dem Gendarmen sprechen und ruft mir zu:

„Nanu, Lannoy, was hast du mit dem Gendarmen zu tun?“

„Lannoy?“ fragt der Gendarm erstaunt.

„Ja, das ist mein Kriegsname.“

„Das wollen wir doch erst abwarten,“ ruft er und packt mich am Schlafittchen. So muß ich ihm folgen. Meine Identität wird festgestellt, und ich werde nach Douai abgeschoben.

Dieser letzte Schlag drückte mich völlig nieder. Das einzige, was mich noch einigermaßen trösten konnte, war, daß ich mich von Desfosseux und Doyenette getrennt hatte. Sie wurden vier Tage nach unserer Flucht wieder verhaftet. Man fand bei ihnen noch Sachen, die von einem Einbruchsdiebstahl bei einem Händler in Pont-à-Marcq herrührten. Bald sah ich sie

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_113.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)