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lebhaften Handgemenge wurden wir gezwungen, ins Hauptquartier uns zurückzuziehen. Ich empfing den Glückwunsch meines Generals und eine Anweisung für das Spital von Saint-Omer; denn ich war von zwei Säbelhieben getroffen worden, als ich mich gegen einen österreichischen Husaren schlug, der mir bis zum letzten Moment auf deutsch unablässig zuschrie: „Ergib dich, ergib dich!“ Meine Verwundungen waren aber nicht sehr schwer, denn schon nach zwei Monaten war ich wieder imstande, ins Bataillon einzutreten. Bald darauf sah ich jenes seltsame Korps, das man die „Revolutionsarmee“ nannte.

Die Leute waren mit Piken und roten Mützen versehen, und überall führten sie die Guillotine mit sich. Es hieß, der Konvent habe kein besseres Mittel gefunden, sich der Treue der Offiziere von vierzehn Armeen, die ihm dienten, zu versichern, als daß er ihnen beständig dieses Instrument der Todesstrafe für Verräter vor Augen hielt. Aber diese düstere Maschine ließ die Bevölkerung der Gegenden, durch die sie gefahren wurde, fast vor Furcht sterben. Den Militärs schmeichelte ihre Anwesenheit auch nicht gerade, und wir hatten sehr oft Streitigkeiten mit den Sansculotten, die man „Die Garde-du-Corps der Guillotine“ nannte. Eines Tages fand einer ihrer Anführer es eigentümlich, daß ich goldene Epauletten trüge, während das Reglement vorschrieb, wollene zu tragen. Ich ohrfeigte ihn. Aber diese Unbesonnenheit wäre mir teuer zu stehen gekommen, wenn man mir nicht die Mittel verschafft hätte, nach Cassel zu entkommen. Dort traf ich wieder mein Korps; aber es wurde gerade abgedankt, wie damals alle Landsturmbataillone. Die Offiziere wurden wieder gemeine Soldaten, und in dieser Eigenschaft wurde ich auch ins achtundzwanzigste Freiwilligenbataillon gesteckt, einem Teil jener Armee, die die Österreicher aus Valenciennes und der Condé verjagen sollte.

In der Meierei, wo ich in Kantonierung wohnte, kam eines Tages die ganze Familie des Besitzers eines Lastkahnes an, der Mann, die Frau und zwei Kinder, von denen das eine ein Mädchen

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_047.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)