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ihn bewogen hätte, meine Freilassung anzuregen. Als ich aus dem Gefängnis kam, wurde ich mit großer Feierlichkeit in die patriotische Gesellschaft geführt, wo man mich Treue der Republik, Haß den Tyrannen schwören ließ. Ich schwor durchaus alles, was man von mir verlangte.

Und nun konnte ich wieder zu meinen Kameraden zurückkehren, die sich wirklich sehr freuten, mich wiederzusehen. Nach allem, was vorgegangen war, wäre es Mangel an Dankbarkeit gewesen, wenn ich nicht Chevalier als meinen Befreier betrachtet hätte. Ich machte einen Besuch, um mich zu bedanken, und ich sagte seiner Schwester, wie tief ich gerührt sei von dem Interesse, das sie so gütig an einem armen Gefangenen genommen hätte. Diese Frau, eine der leidenschaftlichsten Brünetten, deren große, schwarze Augen indes nicht für ihre Häßlichkeit entschädigten, glaubte, ich sei verliebt in sie, weil ich höflich war. Sie nahm Liebenswürdigkeiten, die ich ihr sagte, buchstäblich, und gleich von der ersten Begegnung an täuschte sie sich so sehr über meine Gefühle, daß sie eine große Neigung zu mir faßte. Es wurde auch von unserer etwaigen Verbindung gesprochen. Man sondierte hierüber bei meinen Eltern, aber die gaben zur Antwort, achtzehn Jahre sei noch recht jung fürs Heiraten, und so zog sich die Sache in Länge.

Unterdessen organisierte man in Arras die Bataillone des Landsturms. Ich wurde mit sieben anderen Unteroffizieren berufen, das zweite Bataillon einzuexerzieren. Unter diesen Unteroffizieren befand sich auch ein Korporal von den Grenadieren des Regiments Languedoc, namens César. César ist heute bescheidener Feldwächter in Colombe oder in Puteaux bei Paris. Aber damals wurde er zum Adjutantmajor ernannt. Wir alle gaben auch Fechtunterricht. Das trug uns etwas Geld ein, aber das Geld reichte bei weitem nicht hin, unsere Bedürfnisse und Launen zu befriedigen. Man hatte uns in Saint-Silvestre-Capelle, bei Bailleul, in Garnison gelegt.

Unser Appetit wurde dadurch verdoppelt, daß der Bürgermeister,

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_044.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)