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ja noch einer. Wissen Sie, junger Mann, daß Sie noch gut davongekommen sind. Sie haben noch alle Ihre Glieder bei sich, und das will von Glück sagen, wenn man in solche Wespennester geht. Sie wissen jedenfalls jetzt, was ein Tingeltangel ist. Schöne Mädchen gibt’s wenigstens da? Aber Sie sehen, nicht alle Piraten sind auf dem Meer, und nicht alle Haie drinnen; ich wette, Ihnen ist kein Heller übriggeblieben.“ Ich zog stolz meine beiden Taler hervor und zeigte sie dem Wirt. „Damit werden Sie gerade Ihre Zeche bezahlen können,“ sagte er, und sofort gab er mir die Rechnung; ich bezahlte sie und sagte ihm Ade, ohne indes die Stadt zu verlassen.

Entschieden, meine Reise nach Amerika war ad calendas graecas verschoben, und die Alte Welt war mein Los. Ich stand also wieder auf der untersten Stufe, und meine Zukunft beunruhigte mich um so mehr, als ich für den Moment keine Hilfsquelle ersah. Bei meinem Vater hatte mir das tägliche Brot niemals gefehlt: ich sehnte mich also nach dem Elternhaus zurück; der Backofen, sagte ich mir, hätte mich und die anderen noch lange gewärmt. Ich bedachte die Folgen meiner Flucht und alle erschwerenden Umstände. Die Seemannslaufbahn stand mir ja offen, und ich entschloß mich, Schiffsdienste zu nehmen; auf die Gefahr hin, mir dreißigmal täglich das Genick zu brechen und für elf Frank in die Fockwanten eines Schiffes zu klettern. Ich stand eben im Begriff, mich als Schiffsjunge einschreiben zu lassen, als plötzlich ein Trompetenstoß meine Aufmerksamkeit auf sich zog: es war aber keine Kavallerie. Es war Bajazzo und sein Meister und Herr. Sie standen vor einer Bude, die mit den Insignien einer Wandermenagerie behängt war, und luden ein immer zufriedenes Publikum ein, ihren derben Späßen beizuwohnen. Ich kam gerade zum Aufzug der ganzen Truppe. Und während ein ziemlich zahlreiches Auditorium seine Heiterkeit durch schallendes Lachen kundgab, kam mir der Gedanke, der Leiter der Truppe könne am Ende eine Verwendung für mich haben. Der Bajazzo schien mir ein guter Junge

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_021.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)