Schwert faßt, so gebieterisch er die Linke gegen Wolff ausstreckt! Ich sehe im Geist schon den nächsten Moment, wie da der edle Krieger gerührt der Heimath gedenken wird, wie er sich setzt und der kleine, unschuldige Blondkopf seinen schönen, Stärkeathmenden Nacken umschlingt, während er das zarte Mädchen an die unter dem Panzer so menschlich klopfende Brust schließt, und andere mit den stählernen Spitzen seines Wappenrocks spielen; wie der Wolf freudig gerührt, dankend auf die Knie stürzt, und die Hussiten Zweige des sie überwölbenden Kirschbaumes abbrechen, um die kleinen Gäste zu erfreuen!
Der Kunstfreund: Ohne es zu wissen, sprichst du, meine Julie, hier das höchste Lob des wackern Künstlers aus, der mit jedem Jahre so auffallende Fortschritte macht. Denn es ist eine schöne Eigenheit eines historischen Gemäldes, daß, je lebendiger es aufgegriffen ist, um so deutlicher unsere Phantasie auch schon den nächsten Moment sich daraus neu gestalten sieht, so gut wie sie den vergangnen auch darin erkennt. Höchst erfreulich ist es, so ein gelungnes, reiches großes Werk eines lebenden Künstlers zu sehen.
Der alte Professor: Amen, ja, dass unterschreibe ich! Ich liebe ohnehin sehr die Mittelstraße, die der Rösler geht, sowohl zwischen Idealisieren und Verwirklichen, als zwischen einem zu kalten und einem zu glühenden Farbenton. Der Mittelweg ist immer der wahrhaft goldne, möge er es für ihn und für alle braven Künstler, die es heilig mit der Kunst und redlich mit den Menschen (die Kunstgenossen nicht etwa ausgenommen!) meinen, in jedem Sinne des Wortes werden! –
Unbekannt: Bemerkungen über die diesjährige Dresdner Kunstausstellung, in Briefen. F. A. Brockhaus, Leipzig 1818, Seite 607. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunstblatt_1818_Dresdner_Kunstausstellung.djvu/17&oldid=- (Version vom 12.11.2024)