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der scheinbar die Erde berührt. Vorn aber da zieht sich der Weg entlang, und die zerstreuten Heerden und Wanderer sammeln sich wieder.

Der Kunstfreund: Ja wohl ist ächte Poesie in diesem trefflichen Gemälde, und so absichtslos, so ungesucht! Kaum scheint der Künstler daran gedacht zu haben, welche tiefe Deutung darin liegt; und das thut so wohl!

Der alte Professor: Er hatte auch genug zu denken, um dem Himmel einen so kräftigen und doch so klaren Ton zu geben, und alles so in Haltung zu bringen! Da sieht man den geübten Meister, der sich immer an unsers lieben Gottes Natur hielt, und sich es nie einfallen ließ, sich selbst eine erfinden zu wollen, wie es jetzt Mode ist.

Der Kenner: Möchte der wackere Künstler uns noch oft so reich beschenken, und möchte er doch aus den herrlichen Gegenden unserer sächsischen Schweitz uns einige recht überraschende Parthien mit der seltnen Wahrheit und Treue seines Pinsels hinzaubern. Er ist der wahre Theokrit unter unsern Landschaftsmalern, alle seine ländlichen Scenen sind voll Reiz und Leben; strebte er öfter, so wie hier, danach, der Natur ihre tiefern, charakteristisch bedeutenden Züge abzulauschen, so würde die Nachwelt ihn den Ruysdael unserer Zeit nennen. Aber sie übersahen alle noch die beiden kleinen Viehstücke von ihm, die wirklich trefflich sind. Feuer und Geist belebt darin jeden Pinselstrich.

Julie: Wie traulich und naiv ist die Gruppe hier geordnet! Die Hirtin am Flusse sitzend, die ihre benetzten Füße trocknet, und uns dabei so munter anlacht, ihre Kuh dicht neben ihr, sich fast über sie hinbeugend, und ihr treuer Hund auf der andern Seite, neben ihr sitzend und eben so gutmüthig wie sie aus dem Bild herausblickend. Wie treu und ehrlich meinen Alle es mit einander! O wahrlich, wenn ich an die Gruppen in unsern Salons denke, so beneide ich die glückliche Hirtin!

Der Krittler: Auf dem andern dieser Stücke ist aber doch die Luft fast zu blau, und der Baum so unbedeutend; Alles bildet nur einen Hintergrund für die unstreitig brav gemalten Thiere.

Der Kunstfreund: Diese sollen hier auch die Hauptsache seyn. Recht interessant ist es aber, bei den mancherlei Landschaften die hier neben einander hängen, zu beobachten, wie jeder Künstler die Natur mit einem so ganz verschiednen Auge sieht! Diese selbsterfundne Landschaft mit Felsenparthieen und Wasserfällen, von Klaß, hat gewiß viel Gutes. Die Gegend ist romantisch schön, der Ton in den Felsenmassen hat Wahrheit, das Gesträuch ist brav ausgeführt, und doch fehlt dem Ganzen der frische Lebensodem. Die Unveränderlichkeit drängt sich mir so wunderlich auf dabei; dies Wasser strömt nicht, dieser Himmel wird nie weder heller noch dunkler, es ist etwas Regungsloses und Todtes darin; das Festgehaltne hat wohl Gefälliges, aber der täuschende Zauber höherer Kunst fehlt.

Die Dame: Ach, diese Landschaften ennuyiren einen doch gewaltig! Ewig nur das liebe Rindvieh und die alltäglichen Bäume! Da lobe ich mir jene dort, die ist deliciös! Sehen Sie nur, da liegt unser Dresden, recht sprechend getroffen, und hier das Linkische Bad, die hübsche Promenade längst der Elbe, gegenüber Antons Garten, lauter Orte, wo man sich amusirte! Und alles so hübsch hell!

Der Kenner: Diese Ansicht von Dresden mit der umliegenden Gegend, von der Nordseite, in Wasserfarben gemalt von Hammer, hat unstreitig Werth, und die sprechende Aehnlichkeit, wie die gnädige Frau es nennt, ist besonders zu rühmen daran, so wie die überaus nette Ausführung. Die Ansicht ist von einem der Berge von oben herab genommen; daher die wunderliche Perspektive, in der sich der Strom zeigt. Doch haben solche strenge Portraits der Natur immer etwas Steifes, was hier besonders durch die höchst unangenehme Linie der neuangelegten Allee längst der Elbe, die man so von oben herab sieht, vermehrt wird. So etwas ist treue Erinnerungskarte, aber ächtes Kunstwerk ist es nicht. Köstlich ist dagegen die von demselben Künstler getuschte Mondscheinlandschaft.

Der Dichter: Ja wohl, wie duftig und verschmolzen ist hier Alles! Und wie glänzend spielt das Mondlicht auf den Wellen, wie hebt sich die dunkle Gestalt des Fischers vorn, der sein Netz trägt, so kräftig heraus! Weit schöner ist diese Sepialandschaft doch, als jene große von C. A. Richter.

Der Kunstfreund: Seyn Sie nicht unbillig, Adelbert! Sie dürfen höchstens sagen, daß sie Ihnen mehr Eindruck macht, weil das Bräunliche der Sepia schon so passend ist zu Nachtstücken, die ohnehin farblos sind. Aber betrachten Sie jene Ansicht von Außig in Böhmen genauer, so werden Sie viel Schönes darin finden. Das Ganze ist mit ungemeiner Leichtigkeit behandelt, ganz in des verstorben Zingg Manier, aber weicher und angenehmer, als dieser pflegte zu arbeiten. Nur die Gruppe vorn wünschte man daraus hinweg.

Julie: Diese Einsiedelei mit dem Madonnenbildchen, in der Landschaft von Günther, ist doch recht hübsch gedacht, wenn nur das Ganze nicht so einzig grün, grau und weiß wäre.

Der Kunstfreund: Dennoch ist diese immer weil besser, als die französirende Telemachscene daneben. – Jetzt nur einen Blick auf dies kleine sorgfältig

Empfohlene Zitierweise:
Unbekannt: Bemerkungen über die diesjährige Dresdner Kunstausstellung, in Briefen. F. A. Brockhaus, Leipzig 1818, Seite 598. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunstblatt_1818_Dresdner_Kunstausstellung.djvu/10&oldid=- (Version vom 10.11.2024)