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im Gegenteil kann man geschichtlich nachweisen, dass eine äsopische Fabel (Halm, No. 31) vom übermässig fressenden Fuchse in dem Tierepos und der Fabelliteratur des Mittelalters sowie im Volksmärchen der Gegenwart zu einer Erzählung geworden ist, in welcher der Fuchs den Wolf verleitet, übermässig zu fressen oder zu saufen[1]. Was aber vorliegendes Märchen betrifft, so ist zunächst zu bedenken, dass wir kein einziges geschriebenes oder mündliches Zeugnis dafür besitzen, dass von den naturwissenschaftlichen Erzählungen des Aelianus gerade diese besonders bekannt geworden und dann nach Art der äsopischen Fabeln überall hin verbreitet worden wäre; noch weniger wissen wir etwas von irgend einer derartigen indischen Erzählung, welche mit anderen aus Indien gekommenen Märchen nach Europa gelangt wäre. Zweitens sind die volkstümlichen Varianten, in denen der Fuchs selbst fischt, zumeist durch den Einfluss anderer mit ihnen verbundener oder verschmolzener Märchen korrumpiert, und sind daher durchaus keine zuverlässigen Anhaltspunkte beim Suchen nach der ursprünglichen Form des Märchens. Und drittens wird der ganze Fischfang nicht um seiner selbst willen unternommen, sondern die Absicht des Fuchses ist augenscheinlich, den Bären, indem er ihn dazu verleitet, eine ihm bis dahin neue und unbekannte Fangart zu lernen, mit seinem Schwanze im Eise feststecken zu lassen. Also ist das Fischen mit dem Schwanze, insofern es nur das Festfrieren des Schwanzes zur Folge hat, ebenfalls eine speziell nordische Erfindung, welche anderswo nur als geliehenes Gut zu finden ist[2].


  1. Da diese Erzählung in ihrer finnischen Form sich nur zwischen Wolf und Hund abspielt (T. XLII.), so lasse ich sie diesmal, mich ausdrücklich auf die finnischen Fuchsmärchen beschränkend, ganz ausser Acht. Krohn, T. XIX. und I. No. 34 S. 49 (Anfang) sind zu dunkel und vereinzelt, um hier ernstlich in Betracht zu kommen. Sonst erscheint obenerwähntes Märchen mit VII. vermengt (Dd 15), verbunden (Fa 3) und häufig (VI., VIII., IX., X) an dessen Stelle.
  2. Gubernatis (S. 450) bringt in Verbindung damit eine Stelle aus der Rigveda, wo der Fisch die Götter anfleht, ihn und die seinigen aus dem Rachen des Wolfes zu retten. Wenn man aber in Betracht zieht, dass der Wolf in vorliegendem Märchen erst später an die Stelle des Bären getreten ist, so verliert die Annahme eines Zusammenhanges alle Wahrscheinlichkeit.
Empfohlene Zitierweise:
Kaarle Krohn: Bär (Wolf) und Fuchs. Suomalaisen Kurjallisuuden Seuran Kirjapainossa, Helsingissä 1889, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Krohn_B%C3%A4r_(Wolf)_und_Fuchs.djvu/46&oldid=- (Version vom 1.8.2018)