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in seiner Kritik der Pantschatantra Benfey’s Einspruch erhoben hat, durchaus unrichtig, wenn unter Unvollständigkeit nicht bloss die Unzulänglichkeit der Form, sondern auch das Fragmentarische des Inhalts verstanden werden soll. Die Vollendung der Form ist zweifellos in vielen Fällen ein Ergebnis späterer Entwicklung, aber die Konsequenz des Inhalts, d. h. des Gedankens, muss man als schon von Anfang an vorhanden annehmen. Wohl ist die Grundidee des Märchens gewöhnlich einfach, sehr einfach, aber sie muss doch schon von Anfang an existieren und sie muss da, wenn jemals, klar sein. Denn ganz unmöglich ist es zu begreifen, wie aus der Anfangsform eines Märchens, die keine oder nur eine verworrene Grundidee besitzt, sich eine vollständigere Form entwickeln könnte, welche in ihrer Grundidee klar ist. Und was speziell vorliegendes Märchen betrifft, das als Tiermärchen nur in der Kunstlitteratur vorkommt, so hat darin, wie überhaupt in kunstlitterarischen Erzeugnissen, auch die formelle Vollständigkeit Anspruch auf Beachtung.

Die grösste Konsequenz findet sich in der syrischen Form, da hier kein Moment der Handlung weggenommen oder verändert werden kann ohne dass der Grundgedanke corrumpiert wird. Dies ersieht man am besten, wenn man diese Form mit der Darstellung in der Panschatantra vergleicht. Der in der Pantschatantra berichtete[WS 1] Grund für die Krankheit des Löwen ist, wie wir sehen werden, aus einem andern Märchen entlehnt, und die Dreizahl der Eselinnen ist eine unnötige Vervielfältigung. In Dubois’ Form, ebenso wie in der griechischen, ist der Fuchs an die Stelle des Schakals getreten, und die angewandte List ist von so allgemeiner Art, dass sie nur dieselbe Corrumpierung des Grundgedankens an den Tag legt, welche auch Benfey für den Schlussteil des Märchens annimmt. Wenn hier wie in der syrischen Form Herz und Ohren als Heilmittel gefordert werden, so ist dies kein späterer Zusatz, wie aus Halm’s griechischer Form hervorgeht, in welcher der Löwe das Herz des Hirsches sowohl als Heilmittel wie als Nahrung begehrt.[1] Schon in der Form des Babrios ist jedoch dieser Zug corrumpiert. Der


  1. Aehnlich in mittelalterlichen Fabelsammlungen (s. S. 13, Anm. 3 Du Méril und Oesterley, Romulus).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: beberichtete
Empfohlene Zitierweise:
Kaarle Krohn: Bär (Wolf) und Fuchs. Suomalaisen Kurjallisuuden Seuran Kirjapainossa, Helsingissä 1889, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Krohn_B%C3%A4r_(Wolf)_und_Fuchs.djvu/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)