der Venus- und Merkurs-Bahnen ergeben, zu Gebote; jene insofern sie nach einem zwischen dem Apogeum und Perigeum liegenden mittleren Werthe, der für die grösste Breite zu 2° 30′ angenommen ist, wie angegeben, berechnet werden; die grösste Prosthaphärese ist aber für Venus 46°, für Merkur ungefähr 22°. Die Prosthaphäresen haben wir in den Tafeln der ungleichmässigen Bewegungen schon den einzelnen Punkten der Bahnen beigefügt. Wir werden bei beiden Planeten den Antheil, welcher dem entspricht, um wie viel jede Prosthaphärese kleiner ist, als die grösste, nach jenen 2° 30′ berechnen, und diese Antheile in der unten aufgestellten Tafel neben ihre Zahlen setzen; auf diese Weise erhalten wir alle besonderen Breiten der Obliquationen, welche für die grösste und kleinste Entfernung von der Erde gelten, wie wir auch die Breiten der Declinationen für die mittleren Quadranten und die mittleren Entfernungen eingetragen haben. Was aber zwischen diesen vier Grenzpunkten liegt, kann mit mathematischer Schärfe aus der angenommenen Theorie der Kreise entwickelt werden, freilich nicht ohne Mühe. Ptolemäus[1] aber, der überall, so viel als möglich, die Einfachheit erstrebt, bemerkte, dass beide Arten der Breiten, sowohl im Ganzen, als auch in allen ihren einzelnen Theilen, der Mondbreite proportional wachsen und abnehmen, und indem er daher jede derselben mit 12 multiplicirte, weil seine grösste Breite 5° beträgt, welche Zahl der zwölfte Theil von 60 ist, stellte er aus denselben die Proportionaltheile her, welche er nicht blos für diese beiden Planeten, sondern auch für die drei oberen als anwendbar erachtete, wie weiter unten gesehen werden wird.
Nach diesen Entwickelungen bleibt nur noch Einiges über die dritte Bewegung der Breite, die Deviation, zu sagen übrig. Die Früheren, welche die Erde als in der Mitte der Welt feststehend ansehen, meinen, dass dieselbe durch eine Neigung des excentrischen Kreises, in Verbindung mit einer solchen des Epicykels, um den Mittelpunkt der Erde, entstehe; namentlich wenn der Epicykel im Apogeum oder Perigeum sich befinde, bei der Venus um ein Sechstel Grad immer nach Norden, bei Merkur um drei Viertel Grad immer nach Süden, wie wir früher schon angegeben haben. Es erhellt jedoch nicht hinreichend, ob sie sich diese Neigung als immer gleich und dieselbe dachten, darauf deuten nämlich ihre Zahlenbestimmungen, indem sie festsetzten, dass für die Deviation der Venus immer 10′, beim Merkur immer 45′ genommen werden müssten, was nur erlaubt wäre, wenn der Neigungswinkel immer so viel Minuten gross bliebe, als sie zu Grunde legen. Und doch ist nicht recht zu begreifen, wie diese Breiten-Bewegung jener Planeten, während der Neigungswinkel immer derselbe bliebe, von den gemeinsamen
Anmerkungen [des Übersetzers]
Nicolaus Copernicus: Nicolaus Coppernicus aus Thorn über die Kreisbewegungen der Weltkörper. Ernst Lambeck, Thorn 1879, Seite 354. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/382&oldid=- (Version vom 1.8.2018)